1 Grundsatz – Zweck

 

Rz. 1

Die Regelung ist erforderlich, weil die Vollstreckungsklausel zu einem Titel, dessen Zwangsvollstreckung vom Eintritt eines Kalendertage oder von einer Sicherheitsleistung abhängig ist, ohne Prüfung dieser Voraussetzungen erteilt wird. Deshalb sieht die Bestimmung zwei Ausnahmen von derjenigen des § 726 Abs. 1 ZPO vor: Von einem Urteil, in dem eine Forderung zuerkannt wird, die nicht vor einem bestimmten Kalendertag durchgesetzt werden kann (fällig ist), oder einem solchen, das nur gegen Sicherheitsleistung des Gläubigers vollstreckt werden darf, kann eine vollstreckbare Ausfertigung schon erteilt werden, ohne dass der Eintritt des Kalendertages oder der Nachweis der Erbringung der Sicherheit abgewartet werden muss. Diese Voraussetzungen kann (und hat) das zuständige Vollstreckungsorgan vor Beginn der Zwangsvollstreckung (zu) prüfen, da dies auch ohne besondere Mühe möglich ist. Damit wird für den Gläubiger die Zwangsvollstreckung wesentlich beschleunigt, ohne dass die zu berücksichtigenden Interessen des Schuldners beeinträchtigt werden (Stein/Jonas/Münzberg, § 751 Rn. 1). Er kann nämlich das Klauselerteilungsverfahren sowie seine Bemühungen zur Bereitstellung der Sicherheit gleichzeitig betreiben und den Vollstreckungsantrag auch schon vor dem Kalendertag, an dem der Anspruch nach materiellem Recht erst geltend gemacht werden kann, stellen.

 

Rz. 2

Voraussetzungen für den Beginn der Zwangsvollstreckung sind dann der Eintritt des Kalendertages oder der Sicherheitsleistung (Zöller/Seibel, § 751 Rn. 2). Vor der ersten Zwangsvollstreckungsmaßnahme hat das Vollstreckungsorgan selbständig und eigenverantwortlich zu prüfen, ob der Kalendertag abgelaufen bzw. die Sicherheit geleistet ist (OLG München, Rpfleger 2016, 96; § 83 GVGA). Auch die Fälle, in denen die Fortsetzung einer bereits begonnenen Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung durch den Gläubiger abhängt (z. B. §§ 709 Satz 2, 720a Abs. 1 Satz 2, 769 Abs. 1, 771 Abs. 3 ZPO), werden in die Regelung des § 751 Abs. 2 einbezogen.

§ 751 ZPO gilt für alle Arten der Zwangsvollstreckung und – außer für Urteile – auch für die anderen Schuldtitel der Zivilprozessordnung (§§ 794, 795 ZPO). Er gilt nicht für die Sicherheitsleistung des Vollstreckungsschuldners, mit der dieser die Zwangsvollstreckung abwenden kann (§§ 711, 712, 720a ZPO; vgl. § 775 Nr. 3 ZPO). Entsprechend anzuwenden ist die Vorschrift, wenn die Geltendmachung des Anspruchs von einer bestimmten Tageszeit abhängig ist. Die für die Leistung bestimmte Stunde muss in diesen Fällen vor Beginn der Zwangsvollstreckung abgelaufen sein. Beim Vollstreckbarerklärungsverfahren von Schiedssprüchen handelt es sich um kein Vollstreckungsverfahren, so dass die für die Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften (§§ 751ff. ZPO) keine Anwendung finden (OLG des Landes Sachsen-Anhalt, SchiedsVZ 2010, 277). Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen sind (vorbehaltlich des § 720a Abs. 2 ZPO) auch im Falle der Vorpfändung (LG Görlitz, FoVo 2015, 239) sowie der Eintragung einer Vormerkung auf der Grundlage des § 895 Satz 1 ZPO zu beachten (OLG Schleswig, NJW-RR 2010, 1103).

2 Eintritt eines Kalendertages (Absatz 1)

 

Rz. 3

In den Fällen, in denen die Fälligkeit des im Urteil zugesprochenen Anspruchs von dem Eintritt eines Kalendertages abhängig ist (z. B.: "... am 23. September 20012 zu zahlen"), ist der Eintritt dieses Kalendertages eigentlich eine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung, die sich schon aus dem Urteil ergibt (LG Hamburg, Beschluss v. 2.12.2020, 328 T 49/20, juris). Die vollstreckbare Ausfertigung wird dem Gläubiger gleichwohl erteilt, weil insoweit im Klauselverfahren keine Prüfung erfolgt (§ 726 ZPO). Das Gesetz lässt in diesen Fällen die Zwangsvollstreckung zu, sobald der benannte Kalendertag abgelaufen ist. Die Vollstreckung darf erst dann beginnen, wenn der benannte Kalendertag abgelaufen ist, d. h. mit dem Beginn des Folgetages. Allerdings kann der Antrag auf Vornahme der Vollstreckungshandlung bereit vor Fristablauf gestellt werden (vgl. OLG München, NJOZ 2016, 676). Fällt das für den Beginn der Vollstreckung maßgebliche Fristende auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag gelten nach wohl h. M. § 193 BGB und § 222 Abs. 2 ZPO entprechend (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 751 Rn. 13; a. A. Zöller/Seibel, § 751 Rn. 2 mit der Begründung, der Schuldner sei mit unzulässiger Vollstreckung am Fälligkeitstag ausreichend geschützt). Vollstreckungsvoraussetzung ist der Eintritt eines Kalendertages insbesondere bei Verurteilung zur künftigen Leistung (§§ 257, 259 ZPO) oder bei Räumung – auch bei der Bewilligung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO – (OLG Hamm, FamRZ 1980, 391; LG Kassel, WuM 1977, 255), für wiederkehrende Leistungen (§ 258 ZPO; vgl. OLG München, NJOZ 2016, 676) und auch für die Zahlung einer Entschädigung nach Fristablauf sowie bei künftigen Leistungen aus sonstigen Titeln (LG Karlsruhe, FamRZ 1986, 379; OLG München, Rpfleger 1972, 321).

 

Rz. 4

Ist der Notar ermächtigt, ohne den Nachweis der Fälligkeit die Vollstreckungsklage zu einer von ihm a...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge