Rz. 1

Bei der Zwangsvollstreckung gegen einen verheirateten Schuldner ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass dieser im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB) lebt, solange nicht dem Vollstreckungsorgan ein anderer Güterstand, etwa durch Vorlage des Ehevertrags in notarieller Form (§ 1410 BGB) oder eines Auszugs aus dem Güterrechtsregister (§§ 1558ff. BGB), nachgewiesen wird (VG München, Beschluss v. 24.5.2011 – M 10 E 11.2155; § 96 Abs. 2 GVGA; vgl. hierzu auch Christmann, DGVZ 1986, 106 [109]). Beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft und bei dem der Gütertrennung (§ 1414 BGB) sind die Vermögen beider Eheleute (auch) rechtlich getrennt mit der Folge, dass die Gläubiger eines Ehegatten nur in dessen Vermögen vollstrecken können. Allerdings bleiben (Mit-)Gewahrsam und (Mit-)Besitz an einer beweglichen Sache desjenigen Ehegatten, der nicht der Schuldner ist, außer Betracht und wird die Prüfung der Eigentumsverhältnisse dem durch den Ehegatten zu betreibenden Widerspruchsprozess nach § 771 ZPO vorbehalten (siehe § 739 ZPO, Rn. 10). Die Bestimmung hat in der Praxis nur eine geringe Bedeutung, weil der Güterstand der Gütergemeinschaft nur äußerst selten, wenn überhaupt im ländlichen Raum, vorkommt.

 

Rz. 2

Es muss ein Gesamtgut bestehen. Das ist der Fall, wenn zwischen Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartnern (§§ 6, 7 LPartG) der Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart (§ 1415 BGB) ist. In diesen Fällen werden das Vermögen der Frau und das des Mannes bzw. der gleichgeschlechtlichen Lebenspartner gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten/Lebenspartner (sog. Gesamtgut, § 1416 BGB). (Die folgenden Ausführungen betreffend Ehegatten gelten auch für gleichgeschlechtliche Lebenspartner.) Davon ausgeschlossen (und folglich zu unterscheiden) sind lediglich das sog. Sondergut (§ 1417 BGB) und das sog. Vorbehaltsgut (§ 1418 BGB). Das Gesamtgut wird, wenn der Ehevertrag bzw. der Lebenspartnerschaftsvertrag (§ 7 LPartG) nichts Abweichendes bestimmt (§ 1421 BGB), von beiden Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet, während Sonder- und Vorbehaltsgut von jedem Ehegatten selbstständig verwaltet wird. Verwaltet ein Ehegatte das Gesamtgut allein, können sowohl die Gläubiger des verwaltenden Ehegatten als auch diejenigen des anderen (nichtverwaltenden) Ehegatten aus dem Gesamtgut Befriedigung verlangen, wobei der verwaltende Ehegatte für die Gesamtgutsverbindlichkeiten des anderen Ehegatten auch persönlich haftet (§ 1437 BGB; aber Ausnahmen: §§ 1438 bis 1440 BGB). Verwalten beide das Gesamtgut gemeinsam, haftet dieses für die Verbindlichkeiten beider Ehegatten (Ausnahmen: §§ 1461, 1462 BGB); jeder Ehegatte haftet darüber hinaus für die Gesamtgutverbindlichkeiten des anderen Ehegatten persönlich (§§ 1459, 1460 BGB). Aufgrund dieser aufgezeigten materiell-rechtlichen Konstellation, die das BGB vorgibt, stellt sich die Frage, gegen wen der Gläubiger, der in das Gesamtgut die Zwangsvollstreckung betreiben will, einen Titel erwirken muss. Dies bestimmt § 740 ZPO: Verwaltet nur ein Ehegatte das Gesamtgut, ist nur ein Titel gegen ihn erforderlich und ausreichend (Abs. 1); verwalten beide Ehegatten das Gesamtgut, ist ein Titel gegen beide Ehegatten erforderlich (Abs. 2). Entsprechende Anwendung findet die Vorschrift nach § 744a ZPO, soweit die Eheleute im Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft nach den §§ 13 ff. des Familiengesetzbuches der DDR leben. Auch kommt eine entsprechende Anwendbarkeit in Betracht, wenn im Inland gegen Eheleute vollstreckt werden soll, die in einem ausländischen Güterstand leben, bei dem ein gesamthänderisch gebundenes Vermögen gebildet wird (BeckOK/ZPO-Ulrici, § 740 Rn. 3). Das ist zum Beispiel (vgl. BeckOK/ZPO-Ulrici, § 740 Rn. 3.1) der Fall für die Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht (vgl. BGH, NJW-RR 1998, 1377 (1378)) oder die Errungenschaftsgemeinschaften nach italienischem Recht (OLG Düsseldorf, NJW-RR 2010, 1662; OLG Zweibrücken, NJW-RR 2007, 1316; OLG Hamm, Rpfleger 2002, 638; AG Menden, FamRZ 2006, 1471), kroatischem Recht (LG Ulm, BWNotZ 1993, 124) und spanischem Recht (vgl. OLG Düsseldorf, FGPrax 2010, 117).

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