Rz. 12

Für die Rechtsfolge gelten die §§ 249ff. BGB (BGH, NJW 1985, 128). Nach § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist der Kläger zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, welcher dem Beklagten durch die Vollstreckung eines Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist, wenn ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert wird. Dies kann neben dem Nachteil in Form des Verlusts der im Wege der Vollstreckung verwirklichten oder zur Abwendung der Vollstreckung erbrachten Leistung (KG Berlin, ZMR 2018, 306) unter den genannten Voraussetzungen auch Folgeschäden umfassen (OLG Düsseldorf, GRUR-Prax 2015, 134). Ersetzt werden aber nur Schäden, welche ohne die Vollstreckung nicht eingetreten wären. Die Regelung beruht auf dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass die Vollstreckung aus einem noch nicht rechtskräftigen Urteil auf Gefahr des Gläubigers erfolgt. Hat der Beklagte aufgrund gerichtlicher Anordnung einen Eingriff in seinen Handlungs- und Vermögensbereich dulden müssen, der sich nach weiterer Überprüfung als unbegründet herausstellt, entspricht es gebotener Risikoverteilung, dass den Schaden aus solcher erlaubter, aber gefahrbeladener Ausübung derjenige trägt, der seine Interessen auf Kosten des anderen verfolgt. Es handelt sich um einen Fall der Gefährdungshaftung, weil die Rechtsfolge an ein ausdrücklich von dem Gesetz erlaubtes Verhalten anknüpft (MünchKomm/ZPO-Götz,§ 717 Rn. 7). Ob der Kläger mit einem endgültigen Bestand seines Titels gerechnet hat und rechnen konnte oder nicht, ist unerheblich (BGH, NJW 2011, 2518 = MDR 2011, 878). Der Anspruch geht daher grundsätzlich auf Wiederherstellung des früheren Zustandes (LArbG Düsseldorf, Beschluss v. 13.3.2012, 17 Sa 277/11), unter den Voraussetzungen der §§ 250, 251 BGB auf Geldersatz. Ersetzt werden nur Vermögensschäden und nicht immaterielle Schäden (OLG Karlsruhe, MDR 1979, 150). Für den Anspruch ist es unerheblich, ob der Vollstreckungsgläubiger durch die Vollstreckung seinerseits Vorteile hatte oder nicht. Der Schadensersatzanspruch steht dann in einem Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, wenn das Urteil, das Grundlage der Vollstreckungsabwehrmaßnahmen war, einen arbeitsvertraglichen Anspruch betraf. Denn in diesem Fall liegt die Grundlage für den Anspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO in der arbeitsrechtlichen Beziehung der Parteien. Deshalb ist es nach dem Sinn und Zweck der tariflichen Ausschlussfristen geboten, die Ansprüche aus § 717 Abs. 2 ZPO der tariflichen Ausschlussfrist zu unterwerfen, wenn Gegenstand des vorläufig vollstreckbaren Titels ein Anspruch aus einem Arbeitsverhältnis gewesen ist (BAG NZA-RR 2009, 314 = ZTR 2009, 432).

 

Rz. 13

Als durch die Vollstreckung entstandene Schäden kommen z. B. in Betracht: Aufwendungen zur Beschaffung einer Sicherheit (OLG Köln, JurBüro 1999, 272; OLG Hamburg, MDR 1999, 188; LG Düsseldorf, JurBüro 1987, 605); entgangener Gewinn, wenn die Versteigerung der Sache die günstigere Veräußerung verhindert hat; Ordnungsgeld nach § 890 ZPO (streitig; bejahend: OLG Karlsruhe, MDR 1979, 150; a. A.: OLG Koblenz, WRP 1983, 575), wenn die Androhung schon im Urteil enthalten ist (BGH, NJW 1976, 2126; vgl. auch BGHZ 131, 233); Vollstreckungskosten; Zinsverlust; Kursverluste von Wertpapieren, die der Schuldner während der Zeit ihrer Beschlagnahme nicht werterhaltend veräußern konnte; Zwangsgeld nach § 888 ZPO. Freiwillige Zahlungen sind dann adäquat kausal, wenn mit ihnen eine drohende Vollstreckung abgewendet werden sollte. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Gläubiger bereits die Vollstreckungsklausel erwirkt und zustellt, sofern er nicht gleichzeitig mitteilt, dass er von der Vollstreckung einstweilen absehe. Vollstreckt der Gläubiger aus einem erstinstanzlichen Urteil, das fehlerhaft ein Leistungsverweigerungsrecht nicht berücksichtigt, steht dem Schuldner ein Anspruch in Höhe des Betrages zu, in dem ihm im zweiten Rechtszug das Leistungsverweigerungsrecht zuerkannt wird (BGH NJW-RR 2007, 1029 = MDR 2007, 1041 = InVo 2007, 380).

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