Rz. 1

Dem Gläubiger ist vom Gesetz erlaubt, die Zwangsvollstreckung schon aus einem nicht rechtskräftigen Urteil zu betreiben. Damit will es ihn vor den Folgen einer langen Prozessdauer schützen. Ein sachliches Recht soll dem Gläubiger gegenüber dem Schuldner aber damit nicht eingeräumt werden. Die Vorschrift strebt einen vernünftigen Interessenausgleich der Beteiligten an. In Abs. 1 wird der Zeitpunkt bestimmt, in dem die vorläufige Vollstreckbarkeit außer Kraft tritt. In Abs. 2 und 3 ist eine Ersatzpflicht des Gläubigers geregelt, der aufgrund eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Titels, der später abgeändert oder aufgehoben worden ist, vollstreckt hat. Die verschuldensunabhängige Haftung bürdet dem Gläubiger das volle Risiko, die ganze Gefahr einer ungerechtfertigten Vollstreckung auf. Diese Gefährdungs- oder auch Garantiehaftung lässt den Gläubiger für eventuelle Fehler des Gerichts einstehen (vgl. BGHZ 85, 110; Roth, NJW 1982, 926; LG Bochum, VersR 1980, 659). Handelt es sich allerdings bei dem vorläufig vollstreckbaren Urteil um ein (streitiges) Berufungsurteil eines Oberlandesgerichts in einer vermögensrechtlichen Streitigkeit (§ 708 Nr. 10 ZPO), so trifft den Gläubiger bei der Aufhebung oder Abänderung dieses Urteils in der Revisionsinstanz (durch den Bundesgerichtshof) keine Schadensersatzpflicht, sondern nur eine Verpflichtung zur Rückgewähr des durch die Vollstreckung Erlangten oder des zur Abwendung der Vollstreckung Geleisteten nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen. Der Anspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO stellt keine Entgeltforderung i. S. d. § 288 Abs. 2 BGB dar (KG, ZMR 2018, 306).

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