Rz. 3

Im Bereich der Zwangsvollstreckung ist der Nachweis der Rechtskraft für den Vollstreckungsgläubiger von Bedeutung, dessen Titel zunächst nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar war. Er kann – nach Eintritt und Nachweis der formellen Rechtskraft – nunmehr ohne Sicherheitsleistung auch über den Rahmen des § 720a ZPO hinaus vollstrecken. Eine bereits geleistete Sicherheit kann er gegen Vorlage des Rechtskraftzeugnisses zurückverlangen (§ 715 ZPO). Hat der Vollstreckungsschuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung Sicherheit geleistet, so kann der Vollstreckungsgläubiger nunmehr unter Vorlage des Titels und des Rechtskraftzeugnisses unmittelbare Auszahlung des vom Schuldner hinterlegten Betrags an sich verlangen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 HinterlO i. V. m. §§ 378, 379 BGB). Nicht nur im Bereich der Zwangsvollstreckung ist der Nachweis der formellen Rechtskraft einer Entscheidung von Bedeutung, sondern auch im Verfahrensrecht (z. B. §§ 582, 586 Abs. 2 ZPO – Klagefrist bei der Restitutionsklage) und im materiellen Recht (z. B. §§ 204 Abs. 2, 864 Abs. 2, 2193 Abs. 2, 2342 Abs. 2 BGB).

 

Rz. 4

Dem Rechtskraftzeugnis kommt in allen Fällen lediglich eine formelle Bedeutung zu. Es bezeugt mit der Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde (§ 418 ZPO), dass die entsprechende Entscheidung innerhalb der Rechtsmittelfrist (bzw. Einspruchsfrist) unangefochten geblieben ist. Es enthält demgegenüber keine Aussage über die materielle Richtigkeit und den Bestand der Entscheidung sowie über die innere Bindung der Parteien hieran, also über die materielle Rechtskraft (BGH, NJW 1960, 671; FamRZ 1971, 635). Bis zum Beweis der Unrichtigkeit (§ 418 Abs. 2 ZPO) gilt der Beweis des Eintritts der formellen Rechtskraft als erbracht. Zur Durchführung der Zwangsvollstreckung ist das Rechtskraftzeugnis weder erforderlich noch ausreichend. Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung ist vielmehr grundsätzlich eine mit der Vollstreckungsklausel versehene Ausfertigung des jeweiligen Vollstreckungstitels (vgl. § 724 Abs. 1 ZPO). Nur wenn der Gläubiger, der über einen gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Titel verfügt, nach Eintritt der Rechtskraft ohne vorherige Sicherheitsleistung die Zwangsvollstreckung betreiben will, bedarf er neben der vollstreckbaren Ausfertigung auch eines Rechtskraftzeugnisses, um mit diesem den Nachweis der Rechtskraft zu führen (MüKoZPO/Götz, § 706 Rn. 1).

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