Leitsatz

Die Wirksamkeit einer vor dem 1.1.1999 vereinbarten Gleitklausel hängt allein davon ab, ob die Klausel den materiell-rechtlichen Vorgaben des Preisklauselgesetzes entspricht. Es kommt nicht darauf an, ob anlässlich des Vertragsschlusses ein Antrag auf Genehmigung der Klausel gestellt worden ist.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Normenkette

PrKG §§ 2 ff.

 

Kommentar

Die Parteien schlossen im Jahr 1996 einen Mietvertrag über ein gewerblich zu nutzendes Objekt. In § 3 des Mietvertrags ist eine Gleitklausel vereinbart, nach der die Entwicklung der Miete an den "Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte für Deutschland insgesamt" gekoppelt wurde. Die Klausel hätte zu ihrer Wirksamkeit gem. § 3 Satz 2 WährG der Genehmigung durch die Landeszentralbank bedurft. Ein Genehmigungsantrag wurde allerdings nicht gestellt. Der vereinbarte Preisindex wurde ab dem 1.1.2003 durch den Verbraucherpreisindex ersetzt. Der Vermieter nimmt den Mieter unter Berufung auf eine Indexerhöhung auf Zahlung restlicher Miete für die Zeit ab Januar 2004 in Anspruch. Das Gericht hatte über die Wirksamkeit der (nicht genehmigten) Klausel zu entscheiden.

Die Wertsicherungsklausel ist wirksam. Zwar bedurfte eine Wertsicherungsklausel in Form der Gleitklausel bis 31.12.1998 der Genehmigung durch die Landeszentralbank (§ 3 Satz 2 WährG). Unter einer Gleitklausel sind solche Wertsicherungsklauseln zu verstehen, bei denen sich das Entgelt entsprechend der Entwicklung anderer Preise verändert. Die Regelung in § 3 Satz 2 WährG wurde allerdings mit Wirkung vom 1.1.1999 durch § 4 Abs. 1 PrKV ersetzt. Danach tritt an die Stelle des behördlichen Genehmigungsverfahrens eine gesetzliche Genehmigungsfiktion. Dies gilt zum einen für alle ab dem 1.1.1999 abgeschlossenen Verträge und zum anderen für Klauseln, die vor dem 1.1.1999 vereinbart wurden und für die keine Genehmigung beantragt wurde.

Mit Wirkung vom 13.9.2007 wurde § 4 Abs. 1 PrKV durch das PrKG abgelöst. Danach gilt die Genehmigungsfiktion fort für alle ab dem 1.1.1999 abgeschlossenen Verträge sowie für Klauseln, die vor dem 1.1.1999 vereinbart wurden und für die ein Genehmigungsantrag gestellt wurde (§ 9 Abs. 2 PrKG). Wurde kein Genehmigungsantrag gestellt, so ist die Wirksamkeit der Klausel nicht mehr von einer Genehmigung abhängig.

Wichtig

Genehmigung entfällt

Seit dem 14.9.2007 sind Gleitklauseln kraft Gesetzes (also ohne Genehmigung) wirksam, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Der Miet- oder Pachtvertrag muss eine Laufzeit von mindestens 10 Jahren haben oder auf Lebenszeit des Vermieters oder Mieters abgeschlossen sein. Dem sind solche Verträge gleichgestellt, bei denen das Recht des Vermieters zur ordentlichen Kündigung auf die Dauer von mindestens 10 Jahren ausgeschlossen ist oder bei denen der Mieter aufgrund eines Optionsrechts die Möglichkeit besitzt, ein Miet- oder Pachtverhältnis auf mindestens 10 Jahre zu verlängern (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 PrKG).

2. Die Parteien müssen einen hinreichend bestimmten Maßstab wählen (§ 2 Abs. 1 PrKG). Zulässig sind:

2.1 Generell: der vom Statistischen Bundesamt oder einem Statistischen Landesamt ermittelte Preisindex für die Gesamtlebenshaltung (§ 3 Abs. 1 PrKG)

2.2 der vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaft ermittelte Verbaucherpreisindex (§ 3 Abs. 1 PrKG)

2.3 Bei Verträgen auf Lebenszeit: die Einzel- oder Durchschnittsentwicklung von Löhnen, Gehältern, Ruhegehältern oder Renten (§ 3 Abs. 2 PrKG)

3. Die Wertsicherungsklausel darf keine Partei unangemessen benachteiligen (§ 2 Abs. 1 PrKG). Daraus folgt:

3.1 Die Wertsicherungsklausel muss in beide Richtungen wirken; sie muss also auch Mietsenkungen zulassen, wenn sich der Index nach unten verändert (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 PrKG).

3.2 Das Recht zur Mietanpassung muss beiden Parteien zustehen (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 PrKG).

3.3 Die jeweils mögliche Mieterhöhung oder -senkung muss der prozentualen Veränderung des Indexes entsprechen (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 PrKG).

 

Link zur Entscheidung

OLG Brandenburg, Urteil v. 19.8.2009, 3 U 135/08, NJW 2010 S. 876

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