Leitsatz

Geschäftliche Aktivitäten des Mieters in der Wohnung, die nach außen in Erscheinung treten, muss der Vermieter grundsätzlich nicht ohne entsprechende Vereinbarung dulden. Er kann jedoch nach Treu und Glauben verpflichtet sein, die Erlaubnis zur teilgewerblichen Nutzung zu erteilen, wenn es sich um eine Tätigkeit ohne Mitarbeiter und ohne ins Gewicht fallenden Kundenverkehr handelt; hierfür trägt der Mieter die Darlegungs- und Beweislast.

 

Fakten:

Der Mieter ist als selbstständiger Immobilienmakler tätig; er übt sein Gewerbe in der Mietwohnung aus. Der Vermieter forderte ihn unter Androhung der Kündigung auf, die gewerbliche Nutzung zu unterlassen. Drei Monate später kündigte er dem Mieter wegen fortgesetzter gewerblicher Nutzung fristlos, hilfsweise ordentlich und forderte den Mieter vergeblich zur Räumung und Herausgabe der Wohnung auf. Die Anmietung war laut Mietvertrag zu Wohnzwecken erfolgt. Außerdem enthielt der Mietvertrag eine Klausel, nach welcher der Mieter die Mietsache zu anderen als zu Wohnzwecken nur mit Einwilligung des Vermieters benutzen darf. Der BGH entscheidet wie oben zitiert. In welchem Umfang der Mieter einer Wohnung in den Mieträumen einer geschäftlichen Tätigkeit nachgehen darf, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Der BGH entscheidet hier, dass es darauf ankommt, ob der Mieter mit einer geschäftlichen Tätigkeit nach außen in Erscheinung tritt, etwa indem er die Wohnung als seine Geschäftsadresse angibt, ob er in der Wohnung Kunden empfängt oder dort Mitarbeiter beschäftigt. Berufliche Tätigkeiten, die der Mieter - etwa im häuslichen Arbeitszimmer - ausübt, ohne dass sie nach außen in Erscheinung treten, fallen nach der Verkehrsanschauung von vornherein unter den Begriff des "Wohnens"; hierzu gehört die Unterrichtsvorbereitung eines Lehrers ebenso wie die Telearbeit eines Angestellten, die schriftstellerische Tätigkeit eines Autors oder der Empfang oder die Bewirtung eines Geschäftsfreunds des Mieters in der Wohnung. Bei geschäftlichen Aktivitäten freiberuflicher oder gewerblicher Art, die nach außen in Erscheinung treten, liegt hingegen eine Nutzung vor, die der Vermieter einer Wohnung ohne entsprechende Vereinbarung grundsätzlich nicht dulden muss. Der Vermieter kann jedoch im Einzelfall nach Treu und Glauben verpflichtet sein, eine Erlaubnis zur teilgewerblichen Nutzung zu erteilen. Sie wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn es sich nur um eine Tätigkeit ohne Mitarbeiter und ohne ins Gewicht fallenden Kundenverkehr handelt. Auch eine selbstständige berufliche Tätigkeit kann im Einzelfall so organisiert sein oder einen so geringen Umfang haben, dass sie - wie etwa bei einem Rechtsanwalt - im Wesentlichen am Schreibtisch erledigt wird, in der Wohnung keine Mitarbeiter beschäftigt werden und von etwaigem Publikumsverkehr keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder Mitmieter ausgehen als bei einer üblichen Wohnnutzung. Dies wird etwa in der Existenzgründungsphase einer selbstständigen Tätigkeit der Fall sein können. Dagegen kommt ein Anspruch auf Gestattung regelmäßig nicht in Betracht, wenn für die geschäftliche Tätigkeit Mitarbeiter des Mieters in der Wohnung beschäftigt werden, wie es hier der Fall sein soll. Dieser Punkt hätte daher vom Gericht geprüft werden müssen. Das Berufungsurteil wird daher aufgehoben, die Sache zur weiteren Klärung zurückverwiesen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 14.07.2009, VIII ZR 165/08BGH, Urteil vom 14.7.2009, Az.: VIII ZR 165/08

Fazit:

Der BGH stellt hinsichtlich der Zulässigkeit der gewerblichen Tätigkeit in zu Wohnzwecken angemieteten Räumen also vor allem auf eine Außenwirkung der gewerblichen Nutzung der Wohnräume ab. Entspricht die Nutzung in ihrer Außenwirkung etwa der des Wohnens, so hat der Mieter einen Anspruch auf Genehmigung der gewerblichen Tätigkeit in den Mieträumen.

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