Leitsatz

Die Parteien stritten um den Kindesunterhalt. Der gemeinsame im Jahre 1991 geborene Sohn lebte überwiegend im Haushalt seiner Mutter. Die elterliche Sorge stand beiden Eltern zu.

 

Sachverhalt

Der am 24.5.1991 geborene Kläger war der Sohn des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Die elterliche Sorge stand beiden Eltern gemeinsam zu. Beide Eltern waren berufstätig. Der Kläger lebte überwiegend im Haushalt seiner Mutter.

Er nahm den Beklagten auf Zahlung eines Unterhaltsrückstandes für die Zeit von Januar bis August 2002 i.H.v. 1.080,40 EUR sowie laufenden Unterhalt ab September 2002 i.H.v. monatlich 314,00 EUR in Anspruch. Der Beklagte trat der Klage entgegen mit der Begründung, sein Einkommen sei niedriger anzusetzen als in der Unterhaltsberechnung des Klägers geschehen. Zum anderen sei bei der Bemessung des Barunterhalts zu berücksichtigen, dass der Kläger sich im Durchschnitt an 13 Tagen im Monat bei ihm aufhalte.

Der Beklagte wurde erstinstanzlich verurteilt, ab März 2003 monatlichen Unterhalt i.H.v. 165,00 EUR zu zahlen. Hierbei ging das Gericht davon aus, dass er aufgrund seiner Mitbetreuung des Klägers nur 2/3 des ermittelten Zahlbetrages schulde. Ein Unterhaltsrückstand ergebe sich im Hinblick auf die in der Vergangenheit geleisteten Zahlungen nicht.

Beide Parteien haben gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt. Das OLG hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und ihn auf die Berufung des Klägers - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - verurteilt, für die Zeit von Januar 2002 bis April 2003 insgesamt 888,57 EUR sowie ab Mai 2003 monatlich 287,00 EUR Kindesunterhalt zu zahlen.

Hiergegen richtete sich die zugelassene Revision des Beklagten, die keinen Erfolg hatte.

 

Entscheidung

Ebenso wie das OLG ging auch der BGH von der Zulässigkeit der von dem Kläger - gesetzlich vertreten durch seine Mutter - erhobenen Klage aus. Nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB könne bei gemeinsamer elterlicher Sorge der geschiedene Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befinde, dieses bei der Geltendmachung seiner Unterhaltsansprüche gesetzlich vertreten. Der Begriff der Obhut stelle auf die tatsächlichen Betreuungsverhältnisse ab. Ein Kind befinde sich in der Obhut desjenigen Elternteils, bei dem der Schwerpunkt der tatsächlichen Fürsorge und Betreuung liege, der sich somit vorrangig um die Befriedigung der elementaren Bedürfnisse des Kindes kümmere (Huber in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1629 Rz 87; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 4. Aufl., § 1629 Rz 6; Staudinger/Peschel-Gutzeit, BGB, 2002, § 1629 Rz. 335; Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl., § 1629 Rz 31; Erman/Michalski, BGB, 11.Aufl., § 1629 Rz. 20; Weinreich/Ziegler, Familienrecht, 3. Aufl., § 1629 Rz. 17; Büttner, FamRZ 1998, 585 [593]; Roth, JZ 2002, 651 [655]; OLG Frankfurt v. 12.12.1991 - 1 UF 119/91, FamRZ 1992, 575 f.; OLG Stuttgart v. 13.3.1995 - 8 W 74/95, NJW-RR 1996, 67).

Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass die Betreuung zu 2/3 bei der Mutter liege, sich der Kläger somit in ihrer Obhut befinde.

Der Barunterhaltsanspruch des Kindes bemesse sich nur nach dem Einkommen des anderen Elternteils, hier somit des Beklagten. Decke dieser einen Teil des Bedarfs anderweitig durch die Gewährung von Naturalunterhalt, so könne dies die Höhe des Barunterhalts reduzieren. Dies galt nach der Auffassung des BGH allerdings nicht für die Wohnungsgewährung und Verpflegung des Kindes. In den Tabellensätzen seien nur die bei einem Elternteil anfallenden Wohnkosten enthalten, die Kosten für Verpflegung gingen nicht wesentlich über das bei den üblichen Umgangskontakten gegebene Ausmaß hinaus.

 

Hinweis

Verbleibt Eltern das Sorgerecht für ein gemeinsames Kind gemeinsam, ist vorab festzustellen, wie sich die Betreuungsanteile der Eltern zueinander verhalten. Nur bei überwiegender Betreuung des Kindes durch einen Elternteil kann dieser kraft Obhut gegen den anderen vorgehen.

Praktizieren Eltern das sog. Wechselmodell, wonach ein Kind abwechselnd gleichlang in dem Haushalt von Mutter und Vater lebt, hat keiner von ihnen die Obhut inne. Wenn ein Elternteil bei dieser Konstellation von dem anderen Kindesunterhalt verlangen will, bedarf es entweder einer Pflegerbestellung oder eines Antrages nach § 1628 BGB auf Übertragung der Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt. Bei Praktizierung des Wechselmodells vertritt der BGH die Auffassung, dass der Bedarf des Kindes sich nach den zusammengerechneten Einkünften beider Eltern bestimmt und ggf. Mehrbedarf hinzuzurechnen ist. Für den Gesamtbedarf haften die Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen, wobei eventuell erbrachte Naturalleistungen abzusetzen sind, sofern sie konkret dargelegt werden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 21.12.2005, XII ZR 126/03

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