2.1 Auf Ebene der Gesellschaft gilt handelsrechtlich der Erfüllungsbetrag und steuerrechtlich der Nennwert

2.1.1 Ansatz des Darlehens

In der Handelsbilanz ist das Gesellschafterdarlehen als Verbindlichkeit mit dem Erfüllungsbetrag zu passivieren.[1] Erfüllungsbetrag ist der Betrag, der zur Erfüllung der Verpflichtung aufgebracht werden muss, hierbei sind künftige Preis- und Kostensteigerungen bzw. -minderungen zu berücksichtigen.

In der Steuerbilanz muss das Gesellschafterdarlehen sinngemäß nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit den Anschaffungskosten oder dem niedrigeren Teilwert angesetzt werden, falls eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vorliegt.

Als Anschaffungswert ist grundsätzlich der Nennwert anzusetzen. Teilwert[2] ist der Betrag, den ein Erwerber des gesamten Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das jeweilige Wirtschaftsgut ansetzen würde. Bei Verbindlichkeiten ist dies der Betrag, den ein Erwerber mehr bezahlen würde, wenn die Verbindlichkeit nicht bestehen würde bzw. vom Erwerber nicht übernommen werden müsste.

Die Rechtsprechung übernimmt nicht den Begriff Anschaffungskosten, sondern sieht hierin den Erfüllungsbetrag.[3] Erfüllungsbetrag ist der (Rückzahlungs-)Betrag, den der Schuldner für diese Verbindlichkeit aufwenden muss.

[1] § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB; Schubert/Andrejewski, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2022, § 253 HGB Rz. 50 ff.
[2] § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG; Kulosa, in Schmidt, EStG, 42. Aufl. 2023, § 6 EStG Rz. 441 ff.

2.1.2 Verzinsung des Darlehens

Sowohl für verzinsliche als auch unverzinsliche oder unterverzinsliche Verbindlichkeiten muss handelsrechtlich der Erfüllungsbetrag bilanziert werden. Eine Abzinsung unverzinslicher Verbindlichkeiten scheidet somit in der Handelsbilanz aus, da dies zu einem Ausweis zukünftiger noch nicht realisierter Erträge führen und somit gegen das Realisationsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB verstoßen würde.

In der Steuerbilanz waren hingegen Verbindlichkeiten grundsätzlich mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen.[1] Ausgenommen von der Verzinsung waren lediglich Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt, und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.[2]

Das Bundesfinanzministerium hat die Vervielfältiger zur Berechnung der Beträge am 26.5.2005 bekannt gegeben.[3]

Diese Rechtslage hat sich durch das 4. Corona-Steuerhilfegesetz v. 19.6.2022[4] dahingehend geändert, dass nach der Neufassung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG auch unverzinsliche Verbindlichkeiten nicht mehr abzuzinsen sind. Diese Neuregelung gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2022 enden, auf Antrag kann diese Regelung aber auch für Altjahre zur Anwendung kommen.[5]

Handels- und Steuerrecht unterscheiden sich damit nunmehr nicht mehr.

 
Praxis-Beispiel

Abzuzinsendes Darlehen zur alten Gesetzesfassung

Am 31.12.01 muss ein unverzinsliches Darlehen von 30.000 EUR passiviert werden. Die Restlaufzeit beträgt 5 Jahre und 2 Tage. Tilgungsleistungen wurden nicht vereinbart.

Für die folgenden Jahre ist das Darlehen wie folgt zu bilanzieren:

 
          abgezinster Betrag Nennwert Zinsanteil
01 30.000 EUR x 0,765 = 22.950 30.000 7.050
02 30.000 EUR x 0,807 = 24.210 30.000 5.790
03 30.000 EUR x 0,852 = 25.560 30.000 4.440
04 30.000 EUR x 0,898 = 26.940 30.000 3.060
05 30.000 EUR x 0,948 = 28.440 30.000 1.560
06       =   30.000 0

Jahr 01

 
Konto SKR 03 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 03 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
1200 Bank (Finanzkonto) 30.000 1705 Darlehen 22.950
      8600 Sonstige betriebliche Erträge 7.050
 
Konto SKR 04 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 04 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
1800 Bank (Finanzkonto) 30.000 3560 Darlehen 22.950
      4830 Sonstige betriebliche Erträge 7.050

Jahr 02

 
Konto SKR 03 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 03 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
2100 Zinsaufwand 1.260 1705 Darlehen 1.260
 
Konto SKR 04 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 04 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
7300 Zinsaufwand 1.260 3560 Darlehen 1.260

Jahr 03

 
Konto SKR 03 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 03 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
2100 Zinsaufwand 1.350 1705 Darlehen 1.350
 
Konto SKR 04 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 04 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
7300 Zinsaufwand 1.350 3560 Darlehen 1.350

Jahr 04

 
Konto SKR 03 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 03 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
2100 Zinsaufwand 1.380 1705 Darlehen 1.380
 
Konto SKR 04 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 04 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
7300 Zinsaufwand 1.380 3560 Darlehen 1.380

Jahr 05

 
Konto SKR 03 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 03 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
2100 Zinsaufwand 1.500 1705 Darlehen 1.500
 
Konto SKR 04 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 04 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
7300 Zinsaufwand 1.500 3560 Darlehen 1.500

Jahr 06

 
Konto SKR 03 Soll Kontenbezeichnung Betrag EUR Konto SKR 03 Haben Kontenbezeichnung Betrag EUR
2100 Zinsaufwand 1.560 1705 Darlehen 1.560
 
Ko...

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