Leitsatz

Der bürgende geschäftsführende Gesellschafter macht sich strafbar, wenn der Kredit eines Dritten mit Mitteln der Gesellschaft zurückgeführt und dadurch in das Stammkapital eingegriffen wird.

 

Sachverhalt

Angeklagt war der alleinige Geschäftsführer und Gesellschafter einer GmbH, der sich für Bankschulden verbürgt hatte. Die GmbH geriet seit April 2000 in Zahlungsschwierigkeiten. Um ein drohendes Insolvenzverfahren über das Firmenvermögen mit der Folge eines eigenen Privatinsolvenzverfahrens abzuwenden, wurde mit einem Drittenvereinbart, dass dieser der Bank die noch ausstehenden Darlehensforderungen in Höhe von mehr als 1 Mio. DM zu einem Preis von 500000 DM abkaufen sollte.

Den Kaufpreis überwies der GmbH-Geschäftsführer von einem Konto der GmbH bei einer weiteren Bank und nicht, wie gegenüber der Bank vorgespiegelt, aus dem Vermögen des Dritten. In gleicher Weise ging der Angeklagte auch bei einer noch offenen Darlehensforderung einer weiteren Bank vor. Die Vorinstanz sprach den Angeklagten von dem Vorwurf der Untreue frei. Die von der Staatsanwaltschaft eingelegte Revision hatte jedoch Erfolg.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH begeht der Geschäftsführer eine Untreue zulasten der GmbH, wenn er das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen an die Gesellschafter ausbezahlt. Auszahlungen an den Gesellschafter dürfen nur geleistet werden, wenn die Aktiva die Passiva übersteigen. Ein vorsätzlicher Verstoß gegen dieses Rückzahlungsverbot gem. § 30 Abs. 1 GmbHG begründet daher die Strafbarkeit wegen Untreue.

Nichts anderes gelte für Rückzahlungen auf ein von einem Dritten (= Gesellschaftsfremden) gewährten Darlehen, das etwa durch eine Leistung (eine Bürgschaft) des Gesellschafters abgesichert ist, soweit diese Leistung verlorenes Stammkapital ersetzt oder eine darüber hinaus gehende Überschuldung abdeckt.

Eine Kreditrückführung aus Mitteln des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens stellt in Höhe der Befreiung von der Bürgschaftsschuld eine Auszahlung an den bürgenden Gesellschafter i.S. des § 30 Abs. 1 GmbHG dar. Sofern der Gesellschafter in diesem Fall das Darlehen an den Fremdgläubiger nicht aus seinem privaten Vermögen zurückführt oder der GmbH eine gleichwertige Sicherheit stellt, kann er sich durch die Rückzahlung nach § 266 StGB strafbar machen. Dies gilt auch, wenn die Bürgschaft vor Eintritt der Krise gestellt, aber in der Krise "stehengelassen" wurde.

Der Gesellschafter muss objektiv in der Lage sein, auf den Eintritt der Krise durch Abzug der Mittel oder Liquidation der Gesellschaft zu reagieren. Führt der Gesellschafter die liquidationsreife Gesellschaft ohne Eigenkapitalzuführung fort, statt diese unter Entzug der ihr gestellten Mittel zu liquidieren, wird er an dieser "Finanzierungsentscheidung"festgehalten. Die Liquidationsentscheidung hat er binnen einer angemessenen Frist zu treffen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 6.5.2008, 5 StR 34/08.

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