Leitsatz

Wird die Nutzung des Sondereigentums durch einen Mangel am Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt, so steht dem Sondereigentümer kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu.

 

Fakten:

In der vermieteten Wohnung kam es zu Wasserschäden an der Wohnzimmerdecke. Eine erste Reparatur brachte keinen Erfolg. Die Eigentümerversammlung beschloss dann die Instandsetzung unter Einschaltung eines Architekten und der Beauftragung von Fachunternehmen. Doch es kam zu weiteren Wassereinbrüchen, bis man einen Konstruktionsfehler an dem Tür-Fenster-Element in der über der Wohnung des Eigentümers liegenden Wohnung als Ursache des Mangels erkannte und diesen Fehler durch Austausch des Bauelements behob. Der Wohnungseigentümer verlangt nun von der Eigentümergemeinschaft Ersatz für Mietminderungen und Ausfälle durch den Auszug der Mieterin und Ersatz der Kosten der Instandsetzung seiner Wohnung.

Die Klage war abzuweisen. Ein verschuldensabhängiger Ersatzanspruch besteht nicht, weil die Wasserschäden auf einem Konstruktionsmangel am Gemeinschaftseigentum beruhten, an dem die Gemeinschaft kein Verschulden getroffen hatte. Die Eigentümerversammlung hatte nach dem ersten Wassereinbruch auch umgehend reagiert und die Mängelbeseitigung beschlossen. Ein verschuldensunabhängiger Ersatzanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht. Unmittelbar ist die Vorschrift nicht einschlägig, weil sie eine von einem anderen Grundstück ausgehende Störung voraussetzt. Sie ist jedoch auch nicht analog anwendbar, da die Interessenlage innerhalb einer Gemeinschaft sich von derjenigen zwischen Grundstücksnachbarn unterscheidet.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 21.05.2010, V ZR 10/10BGH, Urteil vom 21.5.2010 – V ZR 10/10

Fazit:

Wohnungseigentümer sind damit in Bezug auf die von dem gemeinschaftlichen Eigentum ausgehenden Störungen weniger schutzwürdig als Grundstückseigentümer gegenüber den von einem Nachbargrundstück ausgehenden Einwirkungen. Im Übrigen fehlt es auch an einer Regelungslücke im Wohnungseigentumsgesetz. Das nämlich selbst enthält in § 14 Nr. 4 Halbs. 2 einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch. Wäre eine der Regelung des § 906 Abs. 2 BGB entsprechende Ersatzpflicht gewollt gewesen, hätte der Gesetzgeber die Bestimmung des § 14 Nr. 4 Halbs. 2 WEG weiter fassen können.

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