3.10.1 Einberufung bei Fehlen von Verwalter und Beirat

Entgegen eines höchst praktischen Bedürfnisses enthalten Gemeinschaftsordnungen regelmäßig keine Bestimmungen darüber, wie im Fall des Fehlens eines Verwalters und Verwaltungsbeirats die missliche Situation vermieden werden kann, dass entweder alle Wohnungseigentümer zur Versammlung einberufen müssen oder sich ein Wohnungseigentümer gerichtlich ermächtigen lassen muss.

Seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 sieht die Bestimmung des § 24 Abs. 3 WEG vor, dass Eigentümerversammlungen auch von einem entsprechend durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden können. Allerdings bedarf es zur entsprechenden Beschlussfassung wiederum der Durchführung einer Eigentümerversammlung oder aber eines allstimmigen Beschlusses im Umlaufverfahren des § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG. Um für unvorhersehbare Fälle einer Verwalterlosigkeit und auch des Fehlens eines Verwaltungsbeirats Vorsorge zu treffen, sollte die Gemeinschaftsordnung eine Verpflichtung zur Bestimmung eines zur Einberufung von Eigentümerversammlungen ermächtigten Wohnungseigentümers vorsehen.

 
  "In der ersten Wohnungseigentümerversammlung ist ein nach § 24 Abs. 3 WEG zur Einberufung von Wohnungseigentümerversammlungen ermächtigter Wohnungseigentümer zu bestimmen für den Fall des Fehlens eines Verwalters und eines Verwaltungsbeirats oder für den Fall ihrer pflichtwidrigen Weigerung zur Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung. Voraussetzung ist, dass sich ein Wohnungseigentümer bereit erklärt, diese Aufgabe zu übernehmen."

3.10.2 Einberufungsfrist

Das Gesetz sieht in § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG eine Ladungsfrist von 3Wochen vor. Die Gemeinschaftsordnung kann auch eine großzügigere Regelung vorsehen, sodass die Wohnungseigentümer besser planen können. In Ferienzeiten sollte ohnehin mit längerer Frist geladen werden.[1]

 
  "Die Frist zur Einberufung von Wohnungseigentümerversammlungen beträgt vier Wochen, soweit im Einzelfall nicht aus dringenden Gründen eine Einberufung mit kürzerer Frist erforderlich ist."

3.10.3 Form der Einberufung

Regelungen zur Form der Einberufung erübrigen sich in der Gemeinschaftsordnung, da der Verwalter ohnehin bereits in § 24 Abs. 4 Satz 1 WEG berechtigt ist, in der Textform des § 126b BGB einzuladen. Wesen der Textform ist, dass das Einberufungsschreiben keine Unterschrift aufweisen muss und grundsätzlich insbesondere E-Mail und Telefax der Textform genügen.

3.10.4 Stimmrecht

Das gesetzliche Kopfstimmrecht des § 25 Abs. 2 WEG kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer abbedungen werden.

Das gesetzliche Kopfstimmrecht, wonach jeder Wohnungseigentümer unabhängig von der Anzahl der in seinem Eigentum stehenden Objekte und unabhängig von der Höhe der Miteigentumsanteile eine Stimme hat, verhindert bereits im Keim ein etwaiges majorisierendes Stimmverhalten. Andererseits ist nicht ganz einzusehen, warum ein Wohnungseigentümer, der einer größeren Kostenbelastung ausgesetzt ist, nicht auch entsprechend seine Interessen vertreten können soll.

Aus diesseitiger Sicht ist ein Stimmprinzip, das sich nach der Höhe der Miteigentumsanteile bemisst, ebenfalls gerechter als das sog. Objektprinzip, das sich nach der Anzahl der Sondereigentumseinheiten richtet: Stehen in einer Wohnanlage ggf. mehrere Einzimmer-Appartements im Eigentum eines Wohnungseigentümers, die insgesamt eine Höhe von Miteigentumsanteilen repräsentieren, die mit anderen Sondereigentumseinheiten vergleichbar sind, ist wiederum nicht einzusehen, warum den Stimmen eines solchen Wohnungseigentümers ein größeres Gewicht zuzumessen ist, als den übrigen Wohnungseigentümern.

 
  "Das Stimmrecht eines Wohnungseigentümers richtet sich nach der Höhe seiner Miteigentumsanteile. Stehen Miteigentumsanteile mehreren Personen gemeinschaftlich zu, können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben."

3.10.5 Vertretung

Das Wohnungseigentumsgesetz regelt den Fall der Vertretung von Wohnungseigentümern in der Eigentümerversammlung nicht. Grundsätzlich kann sich der Wohnungseigentümer daher von jedem Dritten in der Wohnungseigentümerversammlung vertreten lassen. Er kann dabei auch mehrere Vertreter bevollmächtigen.[1] Zwar können mehrere Vertreter das Stimmrecht nur einheitlich ausüben, so sie gleichzeitig an der Versammlung teilnehmen. Um aber ausufernde Redebeiträge zu verhindern und auch eine überschaubare Wohnungseigentümerversammlung zu ermöglichen, sollte in der Gemeinschaftsordnung klargestellt sein, dass jeder Wohnungseigentümer nur eine Person mit ihrer Vertretung bevollmächtigen kann. Des Weiteren sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass entweder nur der Wohnungseigentümer oder nur der Vertreter ein Anwesenheits- und Stimmrecht hat. Ist also der Wohnungseigentümer anwesend, verliert der Bevollmächtigte sowohl Stimm- als auch Teilnahmerecht.

 
  "Jeder Wohnungseigentümer kann sich durch eine beliebige dritte Person vertreten lassen. Stets kann lediglich ein Vertreter bestimmt werden. Der Vertreter hat dem Versammlungsleiter unaufgefordert eine Vollmacht in Textform vorzulegen. Kann der Vertreter e...

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