Leitsatz

Ein gemeinschaftliches Testament kann auch in getrennten Urkunden errichtet werden. Hierzu ist zusätzlich zur Einhaltung der Form eines Einzeltestaments erforderlich, dass sich der Wille der Ehegatten, gemeinschaftlich zu testieren, durch Auslegung der Urkunden ergibt.

 

Sachverhalt

Die Erblasserin war mit dem Beteiligten zu 1) verheiratet. 1995 errichtete sie ein privatschriftliches Testament, das dem Beteiligten zu 2) bestimmte Wertpapiere zuwies. Noch in Kopie waren zwei privatschrifliche Testamente vom 29.01.1983 vorhanden, mit der sich die Ehegatten mit identischer Formulierung zu Alleinerben einsetzten, sowie der kurze Zeit später von der Erblasserin geschriebene und von beiden Ehegatten unterschriebene "Zusatz zum Testament vom 29.01.1983" und ein "Nachtrag zum Testament", mit denen sie den Schlusserbfall regelten. Auf Beschwerde des Beteiligten zu 2) wies das LG das Nachlassgericht an, dem Beteiligten zu 1) einen Alleinerbschein zu erteilen und den dem Beteiligten zu 2) erteilten Erbschein wieder einzuziehen. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2) mit der weiteren Beschwerde.

 

Entscheidung

Die Beschwerde wird zurückgewiesen, da die Gesamtwürdigung, insbesondere der im Wesentlichen identische Wortlaut der Testamente sowie die Bezugnahme auf nur ein vorangegangnes Testament in "Zusatz" und "Nachtrag" ergibt, dass es sich um ein gemeinsames Testament mit wechselseitigen Verfügungen handelt, das nur gem. § 2271 BGB hätte widerrufen werden können.

Dass zum Zeitunkt des Erfalls das Vermögen der Erblasserin das des Beteiligten zu 1) bei Weitem überstieg und dieser seit längerem ein außereheliches Verhältnis unterhielt, steht dem nicht entgegen. Bei Testamentserrichtung waren die Ehegatten hälftige Miteigentümer des gemeinsamen Hauses, so dass für die Erblasserin ein wirtschaftliches Interesse an einem wechselseitigen Testament bestand, auch war ihr damals das Verhältnis ihres Gatten bekannt.

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 23.07.2008, 31 Wx 34/08

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge