Leitsatz

Ist in einem Vollstreckungstitel (hier: Vollstreckungsbescheid) eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern als Gläubigerin ausgewiesen, existiert diese aber nicht und besteht stattdessen an dem im Vollstreckungstitel bezeichneten Grundstück Bruchteilseigentum (§§ 741 ff., §§ 1008 ff. BGB), kommt die Eintragung einer Zwangshypothek am Bruchteil des ausgewiesenen "Hausgeldschuldners" auch dann nicht in Betracht, wenn die erteilte Vollstreckungsklausel (§ 727 ZPO) auf eine existente Person lautet.

 

Normenkette

§§ 3, 8 WEG; § 1008 BGB

 

Das Problem

  1. "Verwalter" V beantragt beim Grundbuchamt die Eintragung einer Zwangshypothek (§ 867 ZPO). Er legt dazu vollstreckbare Ausfertigungen zweier Vollstreckungsbescheide wegen rückständigen "Wohn-/Hausgelds" vor, die auf eine auf "WEG, x-Straße ... in O-Dorf" lauten und die ihm nach Abtretung der titulierten Forderungen als Rechtsnachfolger der "Wohnungseigentümergemeinschaft x-Straße" erteilt worden sind.
  2. Das Grundbuchamt weist den Antrag zurück. Der Antrag sei "unpräzise" gestellt, da der in den Vollstreckungsbescheiden bezeichnete Schuldner kein Wohnungs-, sondern Miteigentümer sei. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft könne zwar klagen und verklagt werden. Voraussetzung sei jedoch, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft überhaupt bestehe; das sei hier nicht der Fall. Es mangele bei der bestehenden Gemeinschaft an der Teilung nach §§ 3, 8 WEG, sodass eine Bruchteilsgemeinschaft (§ 1008 BGB) bestehe. Für diese gelte nicht das "Privileg" des § 10 WEG. Die Vollstreckungsbescheide seien auch nicht dadurch richtig geworden, dass sie auf V umgeschrieben worden seien.
  3. Gegen diese Entscheidung geht V im Wege der Beschwerde vor (§ 71 GBO). V macht geltend, die zur Eintragung der Zwangshypothek erforderlichen Voraussetzungen hätten vorgelegen. Jedenfalls dürfe das Grundbuchamt (Rechtspfleger) die Richtigkeit der eingereichten Unterlagen materiell nicht prüfen.
 

Die Entscheidung

  1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg! Bei Anträgen auf Eintragung von Zwangshypotheken habe das Grundbuchamt als Vollstreckungsgericht von Amts wegen sowohl die grundbuchrechtlichen wie auch die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung selbstständig zu prüfen. Dazu gehöre, ob der Titel als solcher (§ 750 Abs. 1 ZPO) für den darin ausgewiesenen Gläubiger die Vollstreckung erlaube.
  2. Ein vollstreckungsfähiger Titel, zu denen Vollstreckungsbescheide gehörten, bedürfe einer Vollstreckungsklausel, wenn die Zwangsvollstreckung für einen anderen als den im Bescheid bezeichneten Gläubiger erfolgen solle. Dabei setze die Zwangsvollstreckung, zu der die beantragte Grundbucheintragung gehöre, nach § 750 Abs. 1 ZPO voraus, dass Gläubiger und Schuldner in dem Titel bzw. der beigefügten Klausel namentlich bezeichnet seien. Dies sei zwar der Fall. Die Vollstreckungsbescheide gingen aber ins Leere und entfalteten damit keine Rechtswirkungen. Die Vollstreckungsbescheide seien nämlich für eine nicht existente Partei ergangen (Hinweis unter anderem auf BGH v. 31.5.2010, II ZB 9/09, NJW 2010 S. 3100, 3101). Laute der Titel auf einen nicht existenten Gläubiger, bilde er keine ausreichende Grundlage für die Vollstreckungsklausel – auch dann nicht, wenn diese einen existenten Gläubiger bezeichne. Maßgeblich sei nicht (allein) die Vollstreckungsklausel mit der dort ausgewiesenen Rechtsnachfolge, sondern der ihr zugrunde liegende Titel, mit dem sie auch formal eine Einheit bilde.
  3. Die in den Vollstreckungsbescheiden als "Antragsteller" vermerkte Person ("WEG" gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks) existiere nicht. Das bezeichnete Grundstück stehe vielmehr mangels vertraglicher Einräumung von Sondereigentum oder Teilung in Bruchteilseigentum nach § 1008 BGB und dessen Berechtigte bildeten eine Bruchteilsgemeinschaft im Sinne von §§ 741 ff. BGB. Bei derartigen Gemeinschaften bestehe kein Schuldverhältnis zwischen den Beteiligten (Hinweis auf BGHZ 62 v. 26.3.1974, VI ZR 103/72 S. 243) und es würden weder gesellschaftsrechtliche Regeln (Hinweis auf BGH v. 16.3.1961, II ZR 190/59, BGHZ 34 S. 367) noch die Vorschriften des WEG gelten, noch komme diesen Gemeinschaften selbst Rechtsfähigkeit zu.
  4. Die beiden Vollstreckungsbescheide lauteten auf eine rechtsfähige Gemeinschaft (Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 6 Sätze 1 und 2 WEG), die jedoch nicht existiere. Es könne sein, dass hinter dem bezeichneten Gebilde Personen stünden, die mithilfe anderer Unterlagen bestimmbar seien. Darauf komme es aber nicht an, weil sich regelmäßig nur aus dem Titel selbst und nicht aus Umständen außerhalb des Titels neben dem Vollstreckungsschuldner auch die Person ergeben müsse, für die vollstreckt werden solle.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Wie schon häufiger berichtet, kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass Personen letztlich nicht wissen, um welches Eigentum es sich eigentlich bei ihrer "Wohnung" handelt. Die Frage ist allerdings für viele Bereiche zentral. Hier stellte sie sich bei der Klärung, ob es den (urspr...

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