Leitsatz

Es ist zulässig und ermessensfehlerfrei, eine Ordnungsverfügung nach dem Infektionsschutzgesetz, mit der die Vorschriften der Trinkwasserverordnung in Bezug auf Legionellen in einer Wohnungseigentumsanlage durchgesetzt werden sollen, an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten.

 

Normenkette

§§ 10 Abs. 6 Satz 2, 26, 27 WEG

 

Das Problem

  1. In einer Wohnungseigentumsanlage wird die Innenbeschichtung korrodierter Kupferleitungen teilweise mit Epoxidharz saniert. Ein dagegen eingeleitetes Verwaltungsverfahren des Landratsamts zur Untersagung der Rohrinnensanierung mit Epoxidharz wird 2012 eingestellt. Die Methode habe sich in der Praxis bewährt. Ihr stünden nach derzeitigem Rechts- und Kenntnisstand keine wissenschaftlichen Kenntnisse entgegen. 2013 ändert das Landratsamt seine Ansicht. In der Beschichtungsleitlinie des Bundesumweltamtes, dass die Anforderungen an die hygienische Eignung von Beschichtungen benenne, sei derzeit in der Anlage keine Beschichtung auf Epoxidharzbasis für Rohre mit DN ≫ 80 mm gelistet.
  2. Nach einem dem Landratsamt übermittelten Prüfbericht eines Chemischen Labors werden im Sondereigentum von Wohnungseigentümer K Legionellen mit einem KBE-Volumen von 100/100 ml sowie im Sondereigentum von Wohnungseigentümer L Legionellen mit einem KBE-Volumen 1400/100 ml festgestellt. Das Landratsamt fordert Verwalter V daraufhin auf, weitere Untersuchungen durchzuführen und eine Gefährdungsanalyse vorzulegen. In einem weiteren Prüfbericht werden im Sondereigentum von Wohnungseigentümer M Legionellen mit einem KBE-Volumen von 133/100 ml festgestellt.
  3. 2013 legt Verwalter V eine Gefährdungsanalyse vor. Darin werden Sanierungsmaßnahmen für die Trinkwasserinstallation vorgeschlagen, die zur Abwehr einer möglichen Legionellengefahr bzw. zum Schutz des Trinkwassers nach DIN EN 1717 und DIN 1988-100 als unumgänglich bzw. als zur Optimierung des gesamten Trinkwassersystems beitragend bezeichnet werden. Nach Umsetzung der unter Ziffer 8.1 aufgezeigten Sofortmaßnahmen entspreche die Trinkwasserinstallation dann den anerkannten Regeln der Technik, ausgenommen die mit Epoxidharz beschichteten Steigstränge. Diesbezüglich werde auf die Leitlinie des Umweltbundesamtes verwiesen, die den derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik, nicht jedoch den Status der anerkannten Regeln der Technik darstelle.
  4. Eine erneute Probenahme ergibt für ein Sondereigentum eine Belastung mit Legionellen von KBE 200/100 ml, für ein anderes eine Belastung von KBE 1400/100 ml. Des Weiteren wird in einem Sondereigentum Bisphenol A in einer Konzentration von 0,000047 mg/l und Epichlorhydrin in einer Konzentration von ≪ 0,00005 mg/l festgestellt.
  5. Im März 2014 verpflichtet das Landratsamt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K, folgende Maßnahmen bis zu den genannten Zeitpunkten durchzuführen:

    I. 1. Bis spätestens 25.5.2014 als Sofortmaßnahmen:

    I. 1.1. Rückbau der stagnierenden Rohrleitungen an den einzelnen Strangbelüftern, Ausbau der Sammelsicherungen.

    I. 1.2. Information aller Bewohner über die vorliegenden Untersuchungsergebnisse und über die getroffenen und zu treffenden Maßnahmen sowie über die notwendigen Verhaltensweisen zur Vermeidung von Stagnationswasser.

    I. 1.3. Austausch der nicht zugelassenen Geräteventile in den Wasch- und Trockenräumen.

    I. 1.4. Erstellen eines Wartungsplanes, insbesondere eines Spülplanes für Wasserfilter und schwach frequentierte Anschlüsse.

    I. 1.5. Dämmung der Trinkwasserarmaturen und Leitungen im Heizraum.

    I. 1.6. Kennzeichnung der Rohrleitungen und Absperrventile nach DIN 2403.

    I. 1.7. Führung eines Betriebsbuches für die Trinkwasserinstallation nach VDI 6023.

    I. 1.8. Es sollte ein Wartungsvertrag abgeschlossen und der Hausbetreuer in kleine Wartungsarbeiten eingewiesen werden.

    I. 2. Trennung des unmittelbaren Anschlusses der Löschwasseranlage an das Trinkwassersystem bis spätestens 30.9.2014.

    I. 3. Bis spätestens 31.3.2015 als mittelfristige Maßnahmen:

    I. 3.1. Sanierung aller mit Epoxidharz beschichteten Leitungsabschnitte.

    I. 3.2. Dämmung der Zuleitungen zu den Strangabsperrventilen an den einzelnen Abgängen.

    I. 3.3. Einbau eines Rückflussverhinderers nach der Zirkulationspumpe im PWH-C Rohr.

    I. 3.4. Beschaffung der fehlenden technischen Unterlagen zur Trinkwasserinstallation und Dokumentation.

    I. 3.5. Erneuerung der Armaturen in allen Wohnungen, an denen keine DVGW-Zulassung vorhanden ist.

    I. 4. Erneuerung der Warmwasserspeicher und Auslegung des Warmwasserspeicherinhalts nach DIN 1988-200 bzw. nach DIN 4708-1 bis spätestens 31.3.2016.

    5. Trinkwasseruntersuchungen:

    I. 5.1. Das Trinkwasser ist bis zum Abschluss aller Sanierungsmaßnahmen vierteljährlich, erstmals zum 1.4.2014, durch ein zugelassenes Labor auf Bisphenol A und Epichlorhydrin zu untersuchen. Des Weiteren sind diese Stoffe jeweils nach thermischer und chemischer Desinfektion im Warmwasser zu bestimmen.

    I. 5.2. Sodann ist das Trinkwasser eine Woche nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen und 3 Monate danach erneut auf das Vorkommen der in Ziffer 6.1 ge...

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