Leitsatz

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann richtige Adressatin belastender Bescheide in Vollzug der Trinkwasserverordnung sein.

 

Normenkette

§§ 3, 4, 7, 9 TrinkwV; §§ 10, 15 WEG

 

Das Problem

  1. Ein dem Landratsamt (LRA) übermittelter Prüfbericht eines chemischen Labors stellt in 2 Wohnungen der Wohnungseigentumsanlage "W" (51 Wohneinheiten, verteilt auf 3 Gebäude; alle Bewohner werden durch eine gemeinsame Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlage mit Trinkwasser versorgt) Legionellen und weiter fest, dass die Trinkwassererwärmungs- und Trinkwasserleitungsanlage nicht die Anforderungen der Trinkwasserverordnung erfüllt. Nach einem weiteren Prüfbericht sind noch in einer Wohnung Legionellen vorzufinden.
  2. Die vom Verwalter vorgelegte Gefährdungsanalyse einer Fachfirma schlägt Sanierungsmaßnahmen für die Trinkwasserinstallation vor, um eine mögliche Legionellengefahr abzuwehren, um das Trinkwasser unumgänglich zu schützen und um schließlich das gesamte Trinkwassersystem zu optimieren. Eine weitere Entnahme ergibt unter anderem in 2 Wohnungen eine Belastung mit Legionellen.
  3. Vor diesem Hintergrund ordnet das LRA mit Bescheid vom 10.3.2014 gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdW) verschiedene Maßnahmen an. Einige sollen bis zum 25.5.2014 durchgeführt werden (Sofortmaßnahmen), einige mittelfristig bis zum 31. März 2015. Unter anderem sollen alle mit Epoxidharz beschichteten Leitungsabschnitte saniert und die Armaturen in allen Wohnungen, an denen keine Zulassung des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) vorhanden ist, erneuert werden. Das LRA ordnet die sofortige Vollziehung dieser Maßnahmen an und droht Zwangsgelder an.
  4. Gegen diesen Bescheid geht die GdW nach § 80 Abs. 5 VWGO vor.

    § 80 Abs. 5 VwGO

    Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Abs. 2 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

    Ihrem Aussetzungsantrag gibt das Verwaltungsgericht Würzburg (VerwG) mit Beschluss vom 14.7.2014 insoweit statt, als es die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Sanierung der mit Epoxidharzbeschichteten Leitungsabschnitte anordnet. Den Antrag wegen der Erneuerung der Armaturen lehnt es mit der Maßgabe ab, dass die Frist zur Durchführung wenigstens bis zum 30.10.2014 verlängert wird.

  5. Hiergegen erhebt die GdW wegen der Erneuerung der Armaturen in den Wohnungen Beschwerde. Sie meint, sie sei nicht der richtige Adressat. Etwaige Beschlüsse könnten keine Verfügungsbefugnisse über das Sondereigentum begründen und wären nichtig, auch wenn sie einstimmig ergingen und die jeweils betroffenen Sondereigentümer zustimmten. "Sicherheitsrechtlich" sei sie weder Handlungs- noch Zustandsstörer. Ferner sei sie nicht Inhaberin einer Wasserversorgungsanlage im Sinne der TrinkwV. Die sich an eine Sammel- oder Steigleitung nach dem Übergabepunkt anschließenden Installationen lägen allein im Eigentum und der Verantwortlichkeit des jeweiligen Wohnungseigentümers. Selbst wenn die in einzelnen Wohnungen vorhandenen Armaturen unzulässig sein sollten, gehe von diesen kein Nachteil für das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum anderer aus. Schließlich fehle es an Ermessenserwägungen für die gegen sie ergangene Anordnung.
  6. Das Landratsamt meint, für die Adressaten-Auswahl komme es sicherheitsrechtlich nicht auf das Eigentum an den Armaturen an. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei Inhaberin einer Wasserversorgungsanlage nach der TrinkwV und nach dieser verantwortlich. Als "Eigentümergemeinschaft habe sie Beschlusskompetenz" und die Möglichkeit, den Austausch der Armaturen, die keine "DVGW-Zulassung" hätten, zu veranlassen. Es bestehe eine Mitwirkungspflicht der Sondereigentümer. Es müsse auch verhindert werden, dass verunreinigtes Trinkwasser in das von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer betriebene Netz zurückfließe.
 

Die Entscheidung

Die Beschwerde hat Erfolg, führt zur Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung und zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen den Bescheid des Landratsamts. Es spräche vieles dafür, dass sich die der GdW aufgegebene Erneuerung der Armaturen als rechtswidrig erweisen werde. Die Maßnahme sei von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer "im Beschlusswege so nicht vollziehbar" und ginge voraussichtlich über die Anforderungen hinaus, welche die TrinkwV an die allgemein anerkannten Regeln der Technik stelle.

  1. Soweit ersichtlich, scheitere die Rechtmäßigkeit der Anordnung allerdings nicht schon an der Adressaten-Auswahl. Eine Gemeinschaft der ...

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