Leitsatz

Klagt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen einen Wohnungseigentümer und tritt ihr ein Streithelfer bei, steht der Kostenerstattung des Streithelfers § 50 WEG nicht entgegen

 

Normenkette

§ 50 WEG

 

Das Problem

  1. In einer Gemeinschaft besteht die Besonderheit, dass zwar etwa 120 Eigentümer vorhanden sind, diese jedoch aufgrund eines bestehenden Stimmrechts nach Miteigentumsanteilen wenige Durchsetzungsmöglichkeiten haben. Wohnungseigentümer W ist hingegen zusammen mit seiner Ehefrau und einer A. GmbH Mehrheitseigentümer. Ferner ist W alleiniger Geschäftsführer der A. GmbH und auch alleiniger Geschäftsführer der B. GmbH, die Mieterin der gesamten Hotelanlage ist.
  2. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verlangt von der A. GmbH – der Verwalterin – Zahlung von 267.729,16 EUR für den Einbau neuer Aufzüge in die Wohnungseigentumsanlage (eine Hotelanlage). Gegenstand des Rechtsstreits ist unter anderem die Frage, ob die Kosten für die neuen Aufzüge von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Instandhaltung bzw. Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen sind, ob die Einbaukosten aufgrund eines entsprechenden Beschlusses verursacht wurden oder aber ob es an einem entsprechenden Beschluss fehlte und der Verwalter deshalb eine Pflichtverletzung begangen hat, indem er den Neueinbau der Aufzüge vornehmen ließ.
  3. Nachdem in 1. Instanz ein klageabweisendes Urteil ergeht, obsiegt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Berufungsverfahren. Der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer tritt Wohnungseigentümer W1 – ein Rechtsanwalt – als Streithelfer bei und macht in dieser Prozessrolle auch schriftsätzliche Ausführungen. Im Endurteil ist bestimmt, dass die A. GmbH die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Streithilfe verursachten Kosten zu tragen hat.
  4. Daraufhin beantragt der Streithelfer, welcher sich als Rechtsanwalt selbst vertreten hatte, Kostenfestsetzung. Die A. GmbH tritt dem Kostenfestsetzungsantrag mit der Begründung entgegen, es handle sich nicht um notwendige Kosten im Sinne des § 91 ZPO. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe dasselbe Ziel wie der Streithelfer verfolgt, sodass die Beauftragung eines Rechtsanwalts auf Klägerseite ausgereicht hätte. Der Streithelfer meint, dass kein Fall des § 50 WEG vorliegt.

    § 50 WEG (Kostenerstattung)

    Den Wohnungseigentümern sind als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war.

  5. Mit dem amtsgerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluss werden die Kosten des Streithelfers antragsgemäß festgesetzt. Hiergegen legt die A. GmbH sofortige Beschwerde ein. Es sei von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten auszugehen und die Kostenerstattung mangels Notwendigkeit der erwachsenen Kosten zur Rechtsverfolgung abzulehnen. Jede Partei müsse die Kosten ihrer Prozessführung so gering wie möglich halten. In der Klage sei ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht worden, der zum Verbandsvermögen der Gemeinschaft gehöre. Hieran bestehe kein Anteil des einzelnen Wohnungseigentümers. Im Übrigen seien regelmäßig die Kosten eines erst im Laufe des Rechtsstreits von einem Streitgenossen beauftragten Anwalts, nachdem zuvor eine Vertretung durch einen gemeinsamen Anwalt stattgefunden habe, nicht erstattungsfähig. Es sei ein sachlicher Grund erforderlich, wenn ein Streitgenosse erstmals in einem höheren Rechtsstreits auf einen eigenen Anwalt zurückgreife. Dies sei vorliegend entsprechend anzuwenden.
  6. Das Amtsgericht hilft der sofortigen Beschwerde nicht ab und legt die Akte dem Landgericht München I als Beschwerdegericht vor.
 

Entscheidung

  1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Maßgeblich für die Kostenerstattung sei die Entscheidung des BGH v. 13.10.2011, V ZB 290/10, NJW 2012 S. 319. Danach sei bei der Beantwortung der Frage, inwieweit Ausnahmen von der Erstattungsfähigkeit anzuerkennen seien, zu bedenken, dass es sich bei dem Kostenfestsetzungsverfahren um ein Massenverfahren handle, das einer zügigen und möglichst unkomplizierten Abwicklung bedarf. Der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen sei, stehe in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden könnte, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme erstattungsfähig seien oder nicht. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten des eigenen Rechtsanwalts könne, wenn nicht gesetzliche Ausnahmetatbestände wie § 50 WEG eingriffen, nur in besonders atypischen Konstellationen verneint werden. Im Fall greife § 50 WEG nicht ein. Diese Vorschrift betreffe nämlich ausdrücklich nur die Fälle, in denen Wohnungseigentümer als Streitgenossen aufträten. Klägerin sei hier aber die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer....

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