Mit Abschluss des Kaufvertrags wird der Erwerber noch nicht Eigentümer des Objekts, hierzu bedarf es vielmehr seiner Eintragung als neuer Eigentümer im Grundbuch. Da der Zeitpunkt der Grundbucheintragung nicht kalkulierbar ist und sich vereinzelt viele Monate hinauszögern kann, regeln die Vertragsparteien im notariellen Kaufvertrag den Besitzübergang bezüglich der Sondereigentumseinheit zu einem bestimmten Zeitpunkt – in aller Regel ist das der Zeitpunkt, in dem der Kaufpreis direkt an den Veräußerer gezahlt oder auf dem Notaranderkonto gutgeschrieben ist. Der Erwerber ist dann Besitzer der Sondereigentumseinheit. Die Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes gelten für ihn aber erst ab dem Zeitpunkt seiner Eintragung im Grundbuch.

Mit der Eintragung des Erwerbers als Eigentümer der Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit im Grundbuch sind vielfältige Folgen verbunden, die nachfolgend dargestellt werden.

7.1 Teilnahmeberechtigung an Wohnungseigentümerversammlungen

Aus dem Grundsatz der Nichtöffentlichkeit von Eigentümerversammlungen folgt, dass lediglich der im Grundbuch eingetragene Wohnungseigentümer originär teilnahmeberechtigt ist. Daneben sind sonstige stimmberechtigte Personen wie der Insolvenzverwalter, der Zwangsverwalter, der Nachlassverwalter und der Testamentsvollstrecker teilnahmeberechtigt. Der Erwerber ist bis zu seiner Eintragung im Grundbuch nicht teilnahmeberechtigt.[1]

Allerdings kann der noch im Grundbuch eingetragene Veräußerer den Erwerber rechtsgeschäftlich zur Teilnahme an Versammlungen und zur Ausübung des Stimmrechts ermächtigen. Diese Ermächtigung muss der Erwerber dem Versammlungsleiter nachweisen. Der Erwerber übt dann auch bereits das Stimmrecht aus.

 

Vereinbarte Vertreterbeschränkung gilt nicht

Häufig enthalten Gemeinschaftsordnungen qualifizierte Vertretungsbeschränkungen in der Eigentümerversammlung. So wird vielfach der Kreis der möglichen Vertreter eines Wohnungseigentümers auf seinen Ehegatten, einen Miteigentümer oder den Verwalter beschränkt. So der noch nicht im Grundbuch eingetragene Erwerber einer Sondereigentumseinheit seitens des Verkäufers zur Teilnahme an der Wohnungseigentümerversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts ermächtigt ist, verbleibt es beim Teilnahme- und Stimmrecht des Erwerbers auch im Fall einer vereinbarten qualifizierten Vertreterbeschränkung. Diese gilt nicht für den Erwerber. Sinn und Zweck qualifizierter Vertretungsbeschränkungen ist nämlich, dass die Wohnungseigentümer ihren Willen ohne fremde Beeinflussung und ggf. fremde Interessen bilden sollen. Der Erwerber nimmt insoweit lediglich marginal fremde Interessen wahr. Mit Blick auf den bevorstehenden Eigentümerwechsel nimmt er in erster Linie gerade eigene Interessen wahr.

 

Versehentliche Ladung des bereits als Eigentümer eingetragenen Erwerbers

Grundsätzlich muss der Verwalter denjenigen Wohnungseigentümer laden, der im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist.[2] Allerdings ist der Verwalter grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Eigentumsübergang zu überwachen.[3] Veräußert also ein Wohnungseigentümer seine Sondereigentumseinheit, kann sich der Erwerber nicht auf einen Ladungsmangel berufen, wenn der Verwalter noch den Voreigentümer eingeladen hatte, weil ihm weder vom Veräußerer noch vom Erwerber der Eigentümerwechsel durch Eintragung im Grundbuch mitgeteilt wurde.[4]

[3] LG München I, Beschluss v. 20.2.2013, 36 T 1970/13.
[4] LG München I, a. a. O.

7.2 Zahlungspflichten nach Wirtschaftsplan

Insbesondere für den Verwalter ist der Zeitpunkt des Eigentümerwechsels nicht nur hinsichtlich der Ladung des neuen Eigentümers zu Eigentümerversammlungen von erheblicher Bedeutung, sondern insbesondere auch im Hinblick auf die nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG beschlossenen Zahlungspflichten auf Grundlage des Wirtschaftsplans. Stets ist derjenige zur Beitragszahlung nach dem jeweiligen Einzelwirtschaftsplan verpflichtet, der Eigentümer der Sondereigentumseinheit ist.

Vielfach vereinbaren Veräußerer und Erwerber, dass der Erwerber die Zahlungspflicht hinsichtlich der Hausgelder bereits vor Grundbucheintragung zu erfüllen hat, soweit nach dem Kaufvertrag Besitz sowie Lasten und Kosten auf ihn übergegangen sind. Diese vertraglichen Abreden binden allerdings nur die Vertragspartner, also Veräußerer und Erwerber – die Wohnungseigentümergemeinschaft als Gläubigerin des Hausgeldanspruchs binden sie nicht.[1] Bei Hausgeldrückständen auf Grundlage des Wirtschaftsplans haftet der Gemeinschaft gegenüber stets derjenige, der als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.

 
Praxis-Beispiel

Einzug

Veräußerer und Erwerber vereinbaren im Kaufvertrag, dass Besitz sowie Kosten und Lasten mit Kaufpreiszahlung auf den Erwerber übergehen. Ab diesem Zeitpunkt soll dieser verpflichtet sein, die Hausgeldbeiträge nach dem für die veräußerte Sondereigentumseinheit geltenden Einzelwirtschaftsplan zahlen zu müssen. Der Besitzübergang erfolgt zum 1.6.2023. Der Erwerber zahlt allerdings keine Hausgelder auf den beschlossenen Wirtschaftsplan. Da er erst am 15.11.2023 als...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge