Leitsatz

Der Gebrauch eines in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung als Abstell- oder Hobbyraum ausgewiesenen Raumes zu nicht nur vorübergehenden Wohnzwecken ist unzulässig. Die übrigen Eigentümer haben einen Anspruch auf Unterlassung, unabhängig davon, ob der Gebrauch störend ist oder nicht und ob eine behördliche Genehmigung vorliegt oder zu erwarten ist.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 3 WEG

 

Das Problem

  1. Nach der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung handelt es sich beim Teileigentum Nr. 1 um "Räumlichkeiten im Souterrain bestehend aus 3 Hobbyräumen, Vorratskeller, Flur und einem weiteren Kellerraum". Teileigentümer B gebraucht die Räume als Wohnraum. Diese vermietet er als Mietwohnung. Ob die Mietwohnung zum Zeitpunkt, als Wohnungseigentümerin K ihr Wohnungseigentum erwarb, bewohnt war, ist streitig. Nach dem Eigentumserwerb von K wurde das Teileigentum bereits zweimal vermietet.
  2. K wendet sich 2008 gegen die Vermietung. Sie meint, das Teileigentum sei bereits bauordnungsrechtlich nicht für einen Gebrauch als Wohnraum geeignet. Der Gebrauch widerspreche aber auch der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung. K beantragt, B zu untersagen, sein Teileigentum ab 6 Monaten nach Rechtskraft des Urteils als Wohnraum zu nutzen oder nutzen zu lassen. B erhebt die Einrede der Verjährung und beruft sich auf Verwirkung. Er behauptet, das Teileigentum werde seit 1982 durchgehend zu "Wohnzwecken gebraucht und entsprechend vermietet". Dieses sei K's Voreigentümer bekannt gewesen. Widerklagend begehrt B im Übrigen, K zu verurteilen, die Trittschalldämmung der Wohnungstrenndecke so herzustellen, dass in allen Räumen das Anforderungsniveau einen Schallpegel von höchstens 53 dB nach der DIN 4109 hat. Zur Begründung führt B an, K habe 2006 durch Umbauarbeiten den Boden nachteilig im Schallschutzbereich verändert.
  3. Das AG gibt nach Beweisaufnahme der Klage statt und weist die Widerklage ab. Es meint, K's Unterlassungsanspruch sei nicht verjährt, da der Unterlassungsanspruch mit jeder Zuwiderhandlung erneut entstehe. Die Widerklage sei hingegen wegen Verjährung abzuweisen. Es ist der Ansicht, die Verjährungsfrist habe bereits Ende 2006 begonnen. Hiergegen richtet sich B's Berufung, mit der dieser seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. K beantragt, die Berufung zurückzuweisen und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
 

Die Entscheidung

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das AG habe der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben und die Widerklage zu Recht abgewiesen.

  1. K stehe ein Anspruch gegen B auf Unterlassung der Wohnnutzung der Räumlichkeiten im Souterrain zu (§ 15 Abs. 3 WEG). Es entspreche allgemeiner Auffassung, dass die Nutzung eines in der Teilungserklärung als Abstell- oder Hobbyraum ausgewiesenen Raumes zu (nicht nur vorübergehenden) Wohnzwecken unzulässig sei (Hinweis auf BGH v. 16.6.2011, V ZA 1/11, ZMR 2011 S. 967). Nach Ansicht des BGH bestehe ein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung zu Wohnzwecken, ohne dass es darauf ankomme, ob die Wohnnutzung im konkreten Fall möglicherweise nicht störend ist. Ebenfalls spiele es keine Rolle, ob eine behördliche Genehmigung vorliegt oder diese erlangt werden könne.
  2. Der Unterlassungsanspruch sei auch nicht verjährt. Bei Verstößen gegen die zweckbestimmte Nutzung könne, solange der Verstoß andauere, eine Verjährung nicht eintreten.
  3. Damit komme es auf die Frage an, ob der Unterlassungsanspruch verwirkt ist. Dies sei zu verneinen. Verwirkung setze voraus, dass zu dem Umstand des Zeitablaufs (Zeitmoment) besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen. Hier fehle es für die Annahme einer Verwirkung sowohl am Umstands- als auch am Zeitmoment.
  4. Es komme dabei nicht auf die Frage an, ob der Anspruch während der Zeit, als K "Mitglied" der Wohnungseigentümergemeinschaft war, verwirkt wurde. Sei ein Unterlassungsanspruch bereits durch alle Wohnungseigentümer verwirkt, sei auch der Sonderrechtsnachfolger an die entstandene Rechtslage gebunden. Er könne als Rechtsnachfolger mangels besonderer gesetzlicher Bestimmungen keine weitergehenden Rechte haben, als seinem Rechtsvorgänger zuletzt zustanden (Hinweis auf OLG Frankfurt a.M. 27.7.2011, 20 W 319/08, NZM 2012 S. 425; OLG Celle v. 22.8.2006, 4 W 101/06, NJW-RR 2007 S. 234). Nach der Rechtsprechung löse aber in Fällen, in denen mit Unterlassungsansprüchen, die aus dem Besitz bzw. dem Eigentum abgeleitet werden, wiederholte gleichartige Störungen abgewehrt werden sollen, die zeitlich unterbrochen auftreten, jede neue Einwirkung einen neuen Anspruch aus. Die im Rahmen des Einwands der Verwirkung für die Beurteilung des Zeitmoments maßgebliche Frist beginne daher mit jeder neuen Einwirkung jeweils neu zu laufen (Hinweis auf BGH v. 21.10.2005, V ZR 169/04, NJW-RR 2006 S. 235). Offen gelassen habe der BGH zwar ausdrücklich die Frage, ob dies auch für den Fall von ununterbrochenen dauerhaften Einwirk...

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