Leitsatz

Die Antragsfrist für die Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses wird auch bei Anrufung eines unzuständigen Gerichts gewahrt (Vorlage an den BGH wegen Abweichung von OLG Braunschweig).

 

Sachverhalt

Die auf einer Wohnungseigentümerversammlung gefaßten Beschlüsse werden seitens eines Mitglieds angefochten. Entsprechende Anträge richtete dieser jedoch nicht an das örtlich zuständige, sondern an ein unzuständiges Amtsgericht. Dies erklärte sich daraufhin für unzuständig und gab das Verfahren nach Ablauf der Ausschlußfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG an das örtlich zuständige Amtsgericht ab. Dieses nun wies den Antrag wegen der Verspätung ab.

 

Entscheidung

Da es sich hierbei um einen Vorlagebeschluß an den Bundesgerichtshof handelt, ist eine abschließende Entscheidung noch offen.

Um es vorweg zu nehmen: Das Bayerische Oberlandesgericht sieht in der Anrufung des örtlich unzuständigen Gerichts auch dann kein Verfahrenshindernis, wenn durch Abgabe an das an sich zuständige Amtsgericht die Anfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG überschritten wird. Demgegenüber vertritt das OLG Braunschweig die gegenteilige Meinung.

Die bayerischen Richter begründen ihre Rechtsauffassung damit, daß auch im streitigen Zivilprozeßverfahren eine Ausschlußfrist auch bei ausschließlicher Zuständigkeit eines Gerichts durch die bei einem anderen Gericht erhobene Klage gewahrt wird. Das Beschlußanfechtungsverfahren innerhalb des Wohnungseigentumsrechts sei ein echtes Streitverfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit und demnach dem Zivilprozeß sehr ähnlich. Insoweit seien auch die für diese Verfahrensart geltenden Vorschriften auf das Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit - was den streitigen Sachverhalt anginge - anzuwenden.

Entscheidende Bestimmung in diesem Zusammenhang für das Zivilprozeßverfahren ist § 281 ZPO. Hier wird geregelt, daß sich das Gericht, das örtlich oder sachlich nicht für den Rechtsstreit zuständig ist, auf Antrag des Klägers für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht abzugeben hat. Ab Verkündung dieses Verweisungsbeschlusses wird das Verfahren dann vor dem neuen Gericht unmittelbar in der Lage fortgesetzt, in der es sich bei der Verweisung befand, die bisherigen Prozeßhandlungen wirken also fort.

Hiernach wird also auch eine Ausschlußfrist gewahrt, wenn vor Fristablauf Klage bei einem örtlich oder sachlich unzuständigen Gericht erhoben wird.

 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 26.03.1998, 2Z BR 37/98

Fazit:

Der BGH wird bei seiner Entscheidung zwischen zwei Gegensätzen abzuwägen haben:

Einerseits hat die Ausschlußfrist des § 23 Abs. 4 S. 2 WEG den Sinn, relativ rasch Klarheit innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft hinsichtlich gefaßter Beschlüsse zu ermöglichen. Die Monatsfrist kann in diesem Zusammenhang auch sicherlich nicht als zu kurz angesehen werden. Selbstverständlich dürfte es auch nicht sonderlich schwierig sein, das für die Wohnungseigentumsanlage örtlich zuständige Gericht ausfindig zu machen. hierbei handelt es sich immer um das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Wohnungseigentumsanlage liegt.

Andererseits ist es aber auch schwer nachvollziehbar, warum im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit strengere regeln gelten sollen, als im streitigen Zivilprozeß. äußerst wichtig dürfte aber wohl sein, daß im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ein mit der Sache befaßtes örtlich unzuständiges Gericht das Verfahren auch ohne entsprechenden Antrag von Amts wegen an das örtlich zuständige Gericht abgeben kann. Und hier darf es natürlich für den Antragsteller nicht von Nachteil sein, wenn das Gericht das Verfahren nicht von Amts wegen abgibt.

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