Leitsatz

Der unterhaltsberechtigte Ehegatte hat einen rückwirkend nicht begrenzten Anspruch auf Ausgleich der Steuernachteile, die durch seine Zustimmung zum begrenzten Realsplitting entstehen.

 

Sachverhalt

Für 1993 nahm der Beklagte mit Zustimmung der Klägerin das begrenzte Realsplitting in Anspruch und setzte 17280DM als Sonderausgaben für Unterhaltsleistungen ab. Deshalb wurde zu Lasten der beschäftigungslosen Klägerin für 1993 eine darauf entfallende Steuer von 2851,50DM festgesetzt. Die Vorinstanzen hatten den Beklagten aufgrund einer 2001 erhobenen Klage zur Freistellung der Klägerin von dieser Verpflichtung verurteilt. Seine Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Ein rückständiger Unterhaltsanspruch ist auf ein Jahr vor Rechtshängigkeit begrenzt, weil die Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich darauf gerichtet ist, die Mittel für den laufenden Lebensbedarf des Berechtigten zur Verfügung zu stellen[1]. Diese gesetzliche Regelung ist auf Ausgleichsansprüche, die aufgrund des begrenzten Realsplittings entstehen, nicht anzuwenden.

Nach ständiger Rechtsprechung kann der unterhaltspflichtige Ehegatte die Zustimmung des anderen zum begrenzten Realsplitting regelmäßig nur Zug um Zug gegen eine bindende Erklärung verlangen, durch die er sich zur Freistellung des unterhaltsberechtigten Ehegatten von der Steuerschuld verpflichtet, die diesem als Folge der Besteuerung der erhaltenen Unterhaltszahlungen erwächst[2].

Diese Verpflichtung dient dem Zweck, dem Unterhaltsberechtigten durch Ausgleich der mit dem begrenzten Realsplitting für ihn verbundenen Belastung den ihm zustehenden Nettounterhalt im Ergebnis ungeschmälert zu sichern. Der Ausgleichsanspruch sichert den Unterhaltsanspruch des Berechtigten, ohne aber selbst ein Unterhaltsanspruch zu sein. Er beruht auf dem Grundsatz von Treu und Glauben[3] im Rahmen des zwischen geschiedenen Ehegatten bestehenden gesetzlichen Unterhaltsrechtsverhältnisses und dient gerade nicht der Befriedigung des laufen-den, schon gezahlten Lebensunterhalts. Aus diesem Grund ist der Ausgleichsanspruch auch zeitlich nicht limitiert.

 

Praxishinweis

Der Senat verneint eine Verwirkung des Ausgleichanspruchs auf der Grundlage allgemeiner Erwägungen[4]. Die Zeitdauer von der Zustimmung der Klägerin zum begrenzten Realsplitting bis zum Zugang des Steuerbescheids kann eine solche Folge schon deswegen nicht begründen, weil der Beklagte in dieser Zeit noch mit einem Rückgriff rechnen musste. Aber auch in den folgenden mehr als drei Jahren bis zum Eingang der Klageschrift im Juni 2001 konnte sich seitens des Beklagten kein schutzwürdiges Vertrauen auf einen unterbleibenden Rückgriff bilden. Denn die Steuerpflicht der Klägerin beruht allein auf den Unterhaltsleistungen, die der Beklagte von seiner Steuerlast abgesetzt hatte. Mit Kenntnis dieser Beträge war für den Beklagten die entstehende Steuerpflicht der Klägerin erkennbar. Er konnte sich deswegen auf den künftigen Rückgriff einstellen und z.B. einen Teil seines Steuervorteils für den Ausgleich der Steuernachteile der Klägerin zurücklegen.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 11.5.2005, XII ZR 108/02

[3] Vgl. §242 BGB
[4] Vgl. hierzu BGH-Urteil vom 13.1.1988, IVb ZR 7/87, NJW 1988, S.1137

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