1. Allgemeines

 

Rz. 109

Gesellschafterbeschlüsse werden nach Art. L 223–27 Abs. 1 Satz 1 C.com. grundsätzlich in Versammlungen gefasst. Der Gesellschaftsvertrag kann nach Art. L 223–27 Abs. 1 Satz 2 C.com. für bestimmte Angelegenheiten oder generell vorsehen, dass Beschlüsse auf andere Weise, insbesondere schriftlich gefasst werden können. Dies gilt u.a. wiederum nicht für die Feststellung des Jahresabschlusses in der ordentlichen Gesellschafterversammlung gem. Art. L 223–26 Abs. 1 C.com. (siehe Rdn 85). Besonderheiten gelten aufgrund der Corona-Situation aufgrund der Verordnung 2020–321, Art. 6). Zum nicht abdingbaren Teilnahmerecht der Gesellschafter siehe Rdn 89.

2. Gesellschafterversammlung

a) Einberufung der Gesellschafterversammlung

 

Rz. 110

Die Einberufung von Gesellschafterversammlungen erfolgt nach Art. L 223–27 Abs. 2 Satz 2 C.com. durch den/die Geschäftsführer, bei mehreren Geschäftsführern ist nach Art. L 223–18 Abs. 4, Art. L 221–4 Abs. 2 C.com. vorbehaltlich einer anderweitigen Satzungsregelung jeder einzeln einberufungsberechtigt. Ferner können nach Art. L 223–27 Abs. 4 C.com. Gesellschafter, die mindestens die Hälfte der Geschäftsanteile halten oder mindestens 1/10 der Gesellschafter, die zugleich mindestens 1/10 der Geschäftsanteile auf sich vereinigen, die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung verlangen.

 

Rz. 111

Die Einberufung hat nach Art. L 223–27 Abs. 2 Satz 1, Art. R 223–20 Abs. 1 C.com. mit einer Frist von mindestens 15 Tagen mittels eingeschriebenen Briefes oder auf elektronischem Weg, soweit sich die Gesellschafter hierfür entschieden haben, zu erfolgen (Art. R 223–20 Abs. 1 und 2). Die Einberufung hat unter Angabe von Tag, Ort und Zeit der Versammlung und unter Beifügung der Tagesordnung zu erfolgen. Mit der Einladung zur ordentlichen Gesellschafterversammlung sind den Gesellschaftern nach Art. L 223–26 Abs. 1 und 2 C.com. der Jahresabschluss, der Bericht der Geschäftsführer, das Inventurverzeichnis, die Beschlussvorlagen sowie gegebenenfalls der Bericht des Wirtschaftsprüfers zu übersenden. Nach Art. L 223–39 Abs. 1 C.com. ist auch, sofern bestellt, der Wirtschaftsprüfer der Gesellschaft einzuladen.

 

Rz. 112

Gesellschafterbeschlüsse, die unter Verletzung der Einberufungsformalitäten gefasst wurden, können angefochten werden, es sei denn, sämtliche Gesellschafter waren gleichwohl anwesend oder vertreten (Art. L 223–27 Abs. 7 C.com.). Anfechtungsberechtigt ist jeder Gesellschafter, unabhängig davon, ob er ordnungsgemäß eingeladen und anwesend bzw. vertreten war oder nicht. Die Anfechtungsfrist beträgt nach Art. L 235–9 C.com. drei Jahre.

b) Durchführung der Gesellschafterversammlung

 

Rz. 113

Den Vorsitz in der Gesellschafterversammlung führt gem. Art. R 223–23 C.com. ein Gesellschafter-Geschäftsführer, ersatzweise der Gesellschafter mit den meisten Geschäftsanteilen, wiederum ersatzweise der älteste Gesellschafter.

 

Rz. 114

Jeder Gesellschafter kann sich gem. Art. L 223–28 Abs. 2 C.com. in der Versammlung von seinem Ehegatten oder einem Mitgesellschafter vertreten lassen, es sei denn, bei dem Vertreter handelt es sich um den einzigen Mitgesellschafter. Die Vertretung durch andere Personen muss nach Art. L 223–28 Abs. 3 C.com. im Gesellschaftsvertrag zugelassen sein.

 

Rz. 115

Neben der Gesellschafterversammlung unter Anwesenden kann eine solche Versammlung auch per Videokonferenz bzw. anderen vergleichbaren Mitteln durchgeführt werden, wenn der Gesellschaftsvertrag es zu lässt (Art. L223–27 Abs. 3 C. com.). Erfolgt die Beschlussfassung außerhalb einer Versammlung, sind die Beschlussvorlagen sowie die erforderlichen Informationen den Gesellschaftern nach Art. R 223–22 Abs. 1 C.com. per Einschreiben zu übermitteln. Die Gesellschafter haben nach Art. R 223–22 Abs. 2 C.com. 15 Tage Zeit, schriftlich abzustimmen. Nicht abgegebene Stimmen gelten als Enthaltung.

3. Mehrheitserfordernisse

a) Allgemeines

 

Rz. 116

Nach Art. L 223–28 Abs. 2 C.com. gewährt jeder Gesellschaftsanteil eine Stimme. Gesellschafterbeschlüsse bedürfen grundsätzlich nach Art. L 223–29 Abs. 1 C.com. für ihr Zustandekommen der Mehrheit von mindestens der Hälfte der auf das gesamte Stammkapital entfallenden Stimmen. Wird diese Mehrheit bei der ersten Abstimmung nicht erreicht, genügt – vorbehaltlich im Gesellschaftsvertrag vereinbarter höherer Mehrheitserfordernisse – nach Art. L 223–29 Abs. 2 C.com. bei einer wiederholten Abstimmung die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

b) Änderungen des Gesellschaftsvertrags

 

Rz. 117

Bei Änderungen des Gesellschaftsvertrags, insbesondere auch Kapitalerhöhung und -herabsetzung, ist danach zu unterscheiden, ob die Gesellschaft vor oder seit dem 4.8.2005 gegründet wurde. Eine Kapitalerhöhung unter Verwendung von Kapital- oder Gewinnrücklagen kann nach Art. L 223–30 Abs. 6 C.com. stets mit einer Mehrheit der Hälfte des Stammkapitals beschlossen werden.

aa) Vor dem 4.8.2005 gegründete Gesellschaft

 

Rz. 118

Bei Gesellschaften, die vor dem 4.8.2005 gegründet wurden, müssen einer Änderung des Gesellschaftsvertrags nach Art. L 230–30 Abs. 2 C.com. Gesellschafter, die mindestens ¾ des Stammkapitals repräsentieren, zustimmen.

bb) Seit dem 4.8.2005 gegründete Gesellschaft

 

Rz. 119

Bei Gesellschaften, die seit dem 4.8.2005 gegründet wurden, bedarf nach Art. L 230–30 Abs. 3 C.com. ein zustimmender Beschluss ...

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