Wiederkehrende Vergütung für Anträge und Rechtsmittel

Der Gläubiger betreibt gegen die Schuldnerin aus einem rechtskräftigen Auskunftstitel die Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO. Mit Beschluss vom 27.1.2015 wurde auf Antrag des Gläubigers erstmals ein Zwangsgeld festgesetzt. Weitere Zwangsgelder wurden vom LG am 15.7.2016 und am 27.10.2016 festgesetzt. Die sofortigen Beschwerden der Schuldnerin blieben ohne Erfolg. In den sich anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren wurden zugunsten des Gläubigers jeweils eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG für das Verfahren erster Instanz und eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG für das Verfahren der sofortigen Beschwerde nebst Auslagenpauschalen und Umsatzsteuer festgesetzt.

Schuldnerin geht gegen die Vollstreckungskosten an

Auf Antrag des Gläubigers setzte das LG mit Beschluss vom 28.8.2017 ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 20.000 EUR fest und legte der Schuldnerin die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von 800.000 EUR auf. Die sofortige Beschwerde wies das OLG auf Kosten der Schuldnerin nach einem Streitwert von 20.000 EUR zurück. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.10.2018 setzte das LG zugunsten des Gläubigers antragsgemäß eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG (aus einem Streitwert von 800.000 EUR) und eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG (aus einem Streitwert von 20.000 EUR) nebst Auslagenpauschalen und Umsatzsteuer fest. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist ohne Erfolg geblieben.

Streit um die Zahl der Angelegenheiten

Das OLG hat angenommen, der Festsetzung der Verfahrensgebühren für beide Instanzen des Zwangsmittelverfahrens stehe nicht entgegen, dass im Rahmen der vorangegangenen Zwangsgeldfestsetzungen bereits dreimal entsprechende Gebühren zugunsten des Gläubigers festgesetzt worden seien. Die Regelung in § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG stelle klar, dass Beschwerde- und Erinnerungsverfahren grundsätzlich eine besondere Angelegenheit bildeten. Hinsichtlich des Verfahrens in erster Instanz sei nach § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG auch die wiederholte Beantragung von Zwangsmitteln zur Erwirkung derselben nicht vertretbaren Handlung jeweils eine besondere Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin.

BGH folgt der Argumentation der Schuldnerin

Soweit die auf die Gebühr für das Verfahren über das Ausgangszwangsgeld beschränkte Rechtsbeschwerde zulässig ist, hat sie in der Sache auch Erfolg. Dem Gläubiger steht entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts für den wiederholten Zwangsmittelantrag keine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG zu.

Nur einmal Gebühren in einer Angelegenheit

Die Höhe der Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten bestimmt sich gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gemäß Nr. 3309 VV RVG beträgt die Verfahrensgebühr für die Zwangsvollstreckung 0,3.

Diese Gebühr entgilt nach § 15 Abs. 1 RVG grundsätzlich die gesamte anwaltliche Tätigkeit vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit. Dieser Vorschrift gehen allerdings die als besondere Angelegenheit geregelten Fälle des § 18 RVG als Sonderregelung vor (vgl. Toussaint, in: Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 49. Aufl., § 15 RVG Rn 6). Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG stellt jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers eine besondere Angelegenheit dar. Die weiteren Nummern behandeln besondere Vollstreckungsmaßnahmen (vgl. Rohn, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl., § 18 Rn 4). Nach § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG stellt das Verfahren zur Ausführung der Zwangsvollstreckung auf Vornahme einer Handlung durch Zwangsmittel (§ 888 ZPO) eine besondere Angelegenheit dar.

Streitfrage ist zu klären: Was ist bei wiederholter besonderer Angelegenheit?

Die Frage, ob die wiederholte Beantragung von Zwangsmitteln zur Erwirkung derselben nicht vertretbaren Handlung jeweils eine besondere Angelegenheit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG darstellt, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden und im Schrifttum umstritten.

Herrschende Meinung sieht nur eine Gebühr

Nach der überwiegenden Meinung löst ein wiederholter Zwangsmittelantrag keine neue Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG aus (vgl. LG Mannheim NJOZ 2008, 1462; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., VV 3309 Rn 290; Pankatz, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., § 18 Rn 40; Bräuer, in: Bischof/Jungbauer, RVG, 8. Aufl., § 18 Rn 37; BeckOK-RVG/Hofmann/Schneider, 46. Edition [Stand 1.12.2019], VV 3309 Rn 37; Rohn, in: Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl., § 18 Rn 91; Mock/N. Schneider/Volpert, in: Schneider/Wolf, RVG, 8. Aufl., § 18 Rn 144; Göttlich/Mümmler, RVG, Z 2.14; Zöller/Seibel, ZPO, 33. Aufl., § 888 Rn 18; Bartels, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 888 Rn 43; Saenger/Kießling, ZPO, 8. Aufl., § 888 Rn 26; MüKo-ZPO/Gruber, 5. Aufl., § 888 Rn 35; Rensen, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 888 Rn 40; Walker/Koranyi, ...

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