Gütliche Erledigung als eigenständige Aufgabe

Mit der Reform der Sachaufklärung erlangte die gütliche Erledigung nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 1, 802b ZPO eigenständige Bedeutung und wird seitdem nicht mehr nur als Annex zu einer anderen Vollstreckungsmaßnahme wie noch in §§ 806b, 813a und b sowie 900 Abs. 3 ZPO a.F. behandelt. Das machte es erforderlich, die bisherige Regelung in § 114a der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisungen (GVGA) anzupassen. Im Rahmen der Neufassung der GVGA befindet sie sich nun in § 68 GVGA.

 

Hinweis

Bei den GVGA handelt es sich um Landesrecht, das aber durch eine Abstimmung der Bundesländer untereinander einheitlich in allen 16 Bundesländern gilt. Dem Rechtscharakter nach handelt es sich um Verwaltungsvorschriften, die unmittelbar nur den Gerichtsvollzieher binden, dagegen weder die Parteien noch die Gerichte, für die allein die ZPO maßgeblich ist. Die Vollstreckungsparteien bzw. ihre Bevollmächtigten müssen allerdings die GVGA kennen, um auf die Arbeitsanweisung des Gerichtsvollziehers sachgerecht mit ergänzenden oder auch abweichenden Weisungen (§§ 31 Abs. 2, 58 Abs. 2 GVGA) reagieren und die eröffneten Optionen nutzen zu können.

Reaktionsnotwendigkeit­en und -möglichkeiten

Die gänzliche Neuregelung hat ihren Platz in § 68 GVGA in der seit dem 1.9.2013 geltenden Fassung gefunden, der § 802b ZPO aufnimmt und in den Handlungsoptionen weiter konkretisiert. Daraus ergeben sich für den Gläubiger Reaktionsnotwendigkeiten und -möglichkeiten, die nachfolgend skizziert werden sollen.

 

Im Wortlaut: § 68 Abs. 1 GVGA

§ 68 Zügige und gütliche Erledigung des Zwangsvollstreckungsverfahrens; Einziehung von Teilbeträgen (§ 802b ZPO)

(1) Der Gerichtsvollzieher soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein. Hat der Gläubiger seine Einwilligung zu der Einräumung einer Zahlungsfrist oder der Tilgung durch Teilleistungen (Ratenzahlung) von Bedingungen abhängig gemacht, ist der Gerichtsvollzieher daran gebunden. Setzt der Gerichtsvollzieher nach § 802b Absatz 2 Satz 2 ZPO einen Ratenzahlungsplan fest, belehrt er den Schuldner darüber, dass der Plan hinfällig wird und der damit verbundene Vollstreckungsaufschub endet, sobald der Gläubiger widerspricht und der Gerichtsvollzieher den Schuldner, nachdem der Gläubiger widersprochen hat, über dessen Widerspruch unterrichtet hat oder sobald der Schuldner mit einer festgesetzten Zahlung ganz oder teilweise länger als zwei Wochen in Rückstand gerät (§ 802b Abs. 3 Satz 2 und 3 ZPO). Die Tilgungsfrist soll in der Regel zwölf Monate nicht übersteigen; in Einzelfällen kann der Gerichtsvollzieher nach pflichtgemäßem Ermessen eine längere Frist bestimmen. Die Frist beginnt mit der Mitteilung des gewährten Aufschubs an den Schuldner.

Zwei Optionen des § 802b ZPO beachten …

In der Praxis wird immer wieder übersehen, dass § 802b ZPO zwei Optionen für eine Gütliche Erledigung vorsieht.

Zum einen kann dem Schuldner eine Zahlungsfrist eingeräumt werden, d.h. er zahlt den gesamten Forderungsbetrag erst zu einem späteren Zeitpunkt. Diese Option bietet sich insbesondere dann an, wenn der Schuldner demnächst einen größeren oder jedenfalls die Forderung deckenden Betrag erhält.
 

Hinweis

Der Gläubiger muss allerdings gut abwägen, ob er dieser Form der gütlichen Einigung zustimmt, da sie die Gefahr in sich birgt, dass der Schuldner nur Zeit gewinnen will, und nicht sichergestellt ist, dass er den ihm dann zufließenden Betrag auch tatsächlich an den Gläubiger abführt. Es kann deshalb sinnvoll sein, dieser Form der gütlichen Erledigung nicht zuzustimmen.

Zum anderen die Einräumung der Ratenzahlungsmöglichkeit. Ist es zur Titulierung ge­kommen und begleicht der Schuldner anschließend die Forderung noch immer nicht, ist dies in vielen Fällen ein sicheres Indiz für eine mangelnde Leistungsfähigkeit des Schuldners, so dass die Ratenzahlung häufig die einzige Möglichkeit ist, zeitnah eine teilweise Befriedigung zu erreichen.

… und dann wählen …

Vor dem Hintergrund der beiden Optionen muss der Gläubiger im Vollstreckungsantrag zunächst entscheiden, ob er überhaupt Interesse an einer gütlichen Einigung hat und ob er beiden oder nur einer der beiden Optionen zustimmen möchte. Im Regelfall wird lediglich eine Zustimmung zu einer Ratenzahlung in Betracht kommen. Nur wenn der Gläubiger recht sicher sein kann, dass der Schuldner in absehbarer Zeit einen Geldzufluss in einer die Vollstreckungsforderung übersteigenden Höhe erhält, kann eine weitergehende Zustimmung in Betracht kommen.

 

Hinweis

Sinnvoller ist es in diesem Fall, mit dem Schuldner eine außergerichtliche Einigung zu suchen, in der dann auch der künftige Zahlungsanspruch des Schuldners dem Gläubiger abgetreten wird.

… oder einfach abwarten!

Der Gläubiger hat auch die Wahl, nicht zu wählen und zur gütlichen Erledigung zu schweigen. Nach § 802a Abs. 2 S. 2 ZPO ist die gütliche Einigung dann beauftragt. Der Gerichtsvollzieher kann frei agieren und der Gläubiger hat dann die Option, der von dem Gerichtsvollzieher gestalteten ...

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