BGH zeigt in die richtige Richtung

Immer wieder wird verkannt, dass es bei der Pfändung von Auszahlungs- und Beitragserstattungsansprüchen aus Sachversicherungen nicht nur um die Pfändung von "reinen Hoffnungen oder Erwartungen" geht, wie offenbar Mroß meint (DGVZ 2012, 95 unter Hinweis auf Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., Rn 28). Tatsächlich reichte es nach der ständigen Rechtsprechung des BGH aus, dass Rechtsgrund und Drittschuldner der Forderung hinreichend bestimmt sind (st. Rspr.; BGHZ 53, 29; BGH NJW-RR 1989, 286; BGHZ 147, 193; BGH NJW 2003, 1457; BGH NJW 2004, 369). Beides ist bereits mit dem Abschluss einer ­Sachversicherung, eines Energieversorgungsvertrages oder auch eines Mietverhältnisses gegeben.

 

Beispiel

Niemand bezweifelt ernsthaft, dass die Ansprüche des Schuldners auf künftige Rente und Erwerbsunfähigkeitsrente pfändbar sind, obwohl auch hier unsicher erscheint, ob der Schuldner jemals erwerbsunfähig wird oder überhaupt das allgemeine Rentenalter erreicht.

Kein "aufgedrängter Schutz" des Schuldners nötig

Eine Sachversicherung wird abgeschlossen, um im Versicherungsfall Leistungen zu erhalten. Wird sie nicht in Anspruch genommen, entstehen regelmäßig Beitragsrückerstattungsansprüche. Beide Ansprüche sind geldwert und deshalb pfändbar. Folge ist, dass der Schuldner hierüber auch Auskunft zu geben hat. Warum GV – und ihnen folgend einzelne Instanzgerichte – immer wieder meinen, den Schuldner – der regelmäßig selbst keine Rechtsmittel ergreift – vor solchen Fragen bewahren zu müssen, bleibt deshalb ihr Geheimnis. Der BGH hat hier nun einen Pflock zugunsten der Gläubiger eingeschlagen, den es zu nutzen gilt. Der Gerichtsvollzieher ist in einem nachfolgenden Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO oder im Rahmen der sofortigen Beschwerde auf die Entscheidung des BGH hinzuweisen. Hilfsweise ist im Beschwerdeverfahren die Übertragung der Sache auf die Kammer und die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu beantragen.

Aber: Kein Freibrief für den Gläubiger

Die Entscheidung des BGH ist allerdings auch kein Freibrief für den Gläubiger. Vielmehr muss er konkret aus den Lebensverhältnissen des Schuldners argumentieren. Woraus soll sich ergeben, dass er Sachversicherungen unterhält? Kann durch einen Anruf beim Vermieter geklärt werden, dass die Energieversorgung nicht zu den umgelegten Betriebskosten gehört?

So nutzen Sie die Entscheidung

Soweit der Gläubiger die Abgabe des Offenbarungsverfahrens beantragt, sollte er schon im Antrag den GV auf die Entscheidung des BGH hinweisen und ihn bitten, die entsprechenden Fragen zu stellen. Hier sind die GV meist kooperativer als in einem Nachbesserungsverfahren, dessen Kosten sie nicht berechnen können (§ 7 GvKostG).

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