BGH folgt LG bei der Einordnung

Die Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung für Kalenderjahre, in denen er die Verwaltung geführt hat, ist als Verurteilung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung und nicht als Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung zu vollstrecken.

Die Abgrenzung zwischen vertretbar und unvertretbar

Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger gemäß § 887 Abs. 1 ZPO von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen. Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, nach § 888 Abs. 1 S. 1 ZPO auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Ein Titel hat eine nicht vertretbare Handlung zum Inhalt, wenn der zu vollstreckende Anspruch zu einer Handlung verpflichtet, die nicht durch einen Dritten vorgenommen werden kann, sondern ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängig ist, jedoch nicht in der Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO) besteht. Von einer nicht vertretbaren Handlung ist auch auszugehen, wenn ein Dritter Teile der Handlung vornehmen könnte.

Vollstreckung der Jahresrechnung

Konkret: Streit um die Einordnung bei einer Jahresrechnung einer WEG

Die Frage, ob es sich bei der Verurteilung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Erstellung einer Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) um die Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung (§ 887 Abs. 1 ZPO) oder einer nicht vertretbaren Handlung (§ 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO) handelt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

Nach Ansicht des BGH handelt es sich bei dem Erstellen einer Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 3 WEG um eine nicht vertretbare Handlung, wenn der Verwalter die Abrechnung für ein Kalenderjahr aufstellt, in dem er selbst die Verwaltung geführt hat. Der Verwalter habe in einem solchen Fall bei der Abrechnung auch für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Belege einzustehen. Diese Pflicht könne allein er selbst und kein Dritter erfüllen (so auch schon KG NJW 1972, 2093; OLG Köln WuM 1998, 375, 376; LG Dessau-Roßlau ZWE 2012, 283; Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 28 WEG Rn 1; Kutz, IMR 2012, 342).

 

Hinweis

Die Jahresabrechnung des Verwalters einer WEG unterscheidet sich nach dem BGH insoweit nicht von der Betriebskostenabrechnung eines Vermieters, die gleichfalls verbindliche Erklärungen aufgrund seiner besonderen Kenntnisse voraussetzt. Die Verurteilung eines Vermieters zur Erteilung einer Betriebskostenabrechnung ist nach dem BGH deshalb als Verurteilung zu einer nicht vertretbaren Handlung zu vollstrecken (BGH NJW 2006, 2706).

Gegenargumente lässt der BGH nicht gelten

Aus Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 28 WEG ergibt sich nicht, dass das Aufstellen eines Wirtschaftsplans und das Aufstellen einer Jahresabrechnung vertretbare Handlungen im Sinne von § 887 ZPO sind und es sich bei der Rechnungslegung um eine unvertretbare Handlung i.S.d. § 888 ZPO handelt.

Es geht um Vollständigkeit und Richtigkeit …

Der Wirtschaftsplan (§ 28 Abs. 1 WEG) enthält die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WEG). Dagegen enthalten die Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) und die Rechnungslegung (§ 28 Abs. 4 WEG) die bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bereits angefallenen Einnahmen und Ausgaben (vgl. BGH NJW 2010, 2127). Die Jahresabrechnung unterscheidet sich von der Rechnungslegung im Wesentlichen nur darin, dass die Jahresabrechnung vom Verwalter nach Ablauf eines Kalenderjahres aufzustellen ist, während die Rechnungslegung jederzeit von den Wohnungseigentümern durch Mehrheitsbeschluss vom Verwalter verlangt werden kann. Der Verwalter ist demnach nicht nur im Falle der Rechnungslegung, sondern auch im Falle der Jahresabrechnung verpflichtet, über seine mit Einnahmen und Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Er hat den Wohnungseigentümern daher in beiden Fällen eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen (§ 259 Abs. 1 BGB). Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen und die Ausgaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat er auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er diese nach bestem Wissen so vollständig angegeben habe, wie er dazu imstande sei (vgl. § 259 Abs. 2 BGB).

… die nur höchstpersönlich versichert werden können

Soweit danach die Jahresabrechnung ebenso wie die Rechnungslegung die – durch eidesstat...

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