Drittschuldnerauskunft ist Obliegenheit

Die Abgabe der Drittschuldnererklärung stellt lediglich eine Obliegenheit dar und kann nicht im Klagewege erzwungen werden (BGH NJW-RR 2006, 1566 m.w.N.; BGH FoVo 2012, 56). Insoweit bleiben weitere Aufforderungsschreiben zur Abgabe der Drittschuldnerauskunft ohne rechtliche Konsequenz und verlassen den Rahmen einer höflichen Bitte nicht. Insbesondere können für ein anwaltliches Aufforderungsschreiben keine Kosten ersetzt verlangt werden (BGH InVo 2006, 433).

Schadensersatzpflicht

Der Gläubiger ist also gehalten, ohne eine solche Drittschuldnerauskunft weiter zu agieren. Dabei ist das Absehen von weiteren Maßnahmen keine Alternative, insbesondere dann nicht, wenn eine besondere Nähe von Schuldner und Drittschuldner offenkundig ist oder naheliegt. Dem Gläubiger hilft für ein weiteres Vorgehen § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO. Der Drittschuldner haftet dem Gläubiger danach für den aus der Nichterfüllung seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Drittschuldnerauskunft entstehenden Schaden.

Einziehungsprozess beginnen und Klage später umstellen

Zu einem möglichen Schaden gehört der Fall, dass der Gläubiger nun einen Einziehungsprozess anstrengt, in dem er den vermuteten und gepfändeten und damit ihm zustehenden Anspruch geltend macht. Stellt sich nunmehr durch die Klageerwiderung heraus, dass der Anspruch unbegründet ist, was auch offenbar geworden wäre, wenn der Drittschuldner rechtzeitig die Erklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO abgegeben hätte, darf der Gläubiger die Klage nicht zurücknehmen, sondern muss sie auf das Interesse, den Schadensersatzanspruch nach § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO, umstellen. Das nachfolgende Muster soll den entsprechenden Weg darstellen.

 

Musterformulierung

An das

Amts-/Land-/Arbeitsgericht

in …

In dem Rechtsstreit

Kläger ./. Beklagter

wird die Klage gemäß § 263 ZPO geändert und nunmehr allein beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die nicht erteilte Drittschuldnererklärung zum Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom … , Az.: … entstanden ist und noch entstehen wird.

Zur Begründung wird Folgendes ausgeführt:

Wie bereits dargelegt, hat der Beklagte als Drittschuldner auf den bezeichneten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss seine Obliegenheit aus § 840 Abs. 1 ZPO nicht erfüllt und keine Drittschuldnererklärung abgegeben. Als Obliegenheit war die Verpflichtung nicht einklagbar. Der Kläger musste deshalb davon ausgehen, dass ihm aufgrund seines Pfändungspfandrechtes der mit der Klageschrift geltend gemachte Anspruch zusteht. Die Darlegungen des Beklagten zeigen, dass der Kläger mit dieser Auffassung nicht durchdringen kann.

Dieser Umstand beruht allein auf der nicht erteilten Drittschuldnerauskunft. Hätte der Beklagte diese ordnungsgemäß erteilt, hätte der Gläubiger niemals Klage erhoben. An einer wirksamen Begründung der Pflicht zur Abgabe der Drittschuldnererklärung ist nicht zu zweifeln. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde ihm wirksam zugestellt und enthält in der Zustellungsurkunde gemäß § 840 Abs. 2 S. 1 ZPO die Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnerauskunft.

Der Beklagte ist deshalb verpflichtet, dem Kläger nach § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO den aus der Nichterfüllung seiner Verpflichtung entstehenden Schaden zu ersetzen. Der Kläger ist nach § 249 BGB so zu stellen, als wäre ihm die verlangte Auskunft rechtzeitig erteilt worden. In diesem Fall wäre keine Drittschuldnerklage erhoben worden, so dass dem Kläger keine diesbezüglichen Rechtsverfolgungskosten entstanden wären. Diese hat nunmehr der Beklagte zu tragen.

Da die wechselseitigen Kosten noch nicht abschließend beziffert werden können, besteht ein entsprechendes Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO.

Die Zulässigkeit der Klageänderung ist höchstrichterlich geklärt und seitdem allgemein anerkannt. Der BGH hat entschieden, dass ein Gläubiger, der mangels Auskunftserteilung des Drittschuldners gegen diesen eine unbegründete Zahlungsklage erhoben hatte, zur Klage auf Feststellung der Haftung des Drittschuldners für den aus der Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung entstandenen Schaden übergehen kann (BGH NJW 1989, 990).

Sollte das Gericht Bedenken gegen das prozessuale Vorgehen oder die Begründetheit des Anspruches haben, wird um einen rechtlichen Hinweis nach § 139 ZPO und die Gelegenheit zur Stellungnahme gebeten.

Rechtsanwalt

FoVo 6/2015, S. 107 - 108

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