Schnelles Handeln ist gefragt

Aufgrund des stetig fortschreitenden Schadens des Vermieters und Gläubigers, wenn der Schuldner die genannten Ansprüche nicht befriedigt und auch nicht auszieht, muss der Bevollmächtigte den Räumungsanspruch zeitnah rechtshängig machen.

 

Hinweis

Zu beachten ist, dass sich die Räumungsklage gegen alle Personen richten muss, die Mitbesitz an der Sache haben. Dabei ist auf die tatsächlichen, nicht die rechtlichen Verhältnisse abzustellen. Insoweit genügt dem Rechtsanwalt der Blick in den Mietvertrag nicht. Vielmehr muss er sich bei dem Gläubiger erkundigen, ob weitere Personen in der Wohnung beheimatet sind. So hat das OLG Schleswig entschieden, dass der mitwohnende Ehepartner Mitbesitz an dem Grundstück hat, so dass die Räumungsvollstreckung nach § 885 ZPO grundsätzlich einen Vollstreckungstitel gegen beide Ehegatten fordert (OLG Schleswig v. 28.10.2014 – 5 W 42/14).

Ist der Räumungsanspruch sodann tituliert, bietet die sog. Berliner Räumung dem Gläubiger ein komfortables Vorgehen in der Zwangsvollstreckung. Diese zunächst nur von der Rechtsprechung entwickelte zulässige Vorgehensweise hat der Gesetzgeber in § 885a ZPO ausgeformt. Obwohl die Änderung bereits zum 1.5.2013 in Kraft getreten ist, wird sie noch nicht immer konsequent angewandt.

 

Hinweis

Die vereinfachte sog. Berliner Räumung, die im Wege einer Auswechslung der Haustürschlösser und Übergabe aller Schlüssel an den Gläubiger erfolgt, soll nach Ansicht des OLG Schleswig (a.a.O.) allerdings unzulässig sein, wenn zugunsten des Gläubigers kein Vermieterpfandrecht besteht. Die Schuldnerschutzvorschrift des § 885 Abs. 4 ZPO dürfe – sofern der Gläubiger tatsächlich kein vorrangiges Vermieterpfandrecht hat – nicht durch Zulassung einer vereinfachten Herausgabevollstreckung unterlaufen werden. Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH vor der Schaffung von § 885a ZPO (BGH NJW-RR 2009, 1384). Zugleich hat der BGH allerdings ausgesprochen, dass der Gerichtsvollzieher nicht zu prüfen hat, ob die bei Durchführung der Herausgabevollstreckung in der Wohnung befindlichen Gegenstände vom Vermieterpfandrecht erfasst werden. In der Praxis wird dem aber kaum Bedeutung zukommen, da der Vermieter regelmäßig über ein entsprechendes Vermieterpfandrecht verfügen wird.

1. Schritt: Beschränkter Vollstreckungsauftrag

Besitzeinweisung des Gläubigers

Nach § 885a Abs. 1 ZPO kann der Vollstreckungsauftrag auf § 885 Abs. 1 ZPO beschränkt werden, d.h. auf den Antrag, den Schuldner aus und den Gläubiger in den Besitz zu setzen, so dass alle in der Wohnung befindlichen Sachen, gleich ob diese dem Schuldner gehören oder einem Dritten, dort verbleiben. Teure Verbringungs- und Lagerkosten, die der Gläubiger sonst zumindest als Vorschuss aufbringen müsste, entfallen so.

 

Hinweis

Nach § 885 Abs. 2 ZPO ist der Gerichtsvollzieher allerdings gehalten, den Zustand der Wohnung, insbesondere die darin enthaltenen beweglichen Gegenstände, zu dokumentieren, was er auch mit Bildern bewerkstelligen kann. Diese Vorgehensweise schützt durchaus auch den Gläubiger, der so vor dem Einwand des Schuldners bewahrt wird, wertvolle Gegenstände vernichtet oder beschädigt zu haben.

2. Schritt: Wegschaffen und Verwahren

Wertvolles von Wertlosem trennen

Im zweiten Schritt gestattet § 885a Abs. 3 ZPO dem Gläubiger, die beweglichen Sachen wegzuschaffen, verbindet dies aber mit einer entsprechenden Verwahrungspflicht, was zur Begründung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses führt (Musielak-Lackmann, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 885a Rn 7). Ausgenommen von der Verwahrung sind nur solche Gegenstände, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, die also weder einen Geldwert haben noch sonst für den Schuldner oder einen Dritten von Bedeutung sein können. Hier dürfte es sich im Wesentlichen aber nur um Müll und Unrat handeln.

 

Hinweis

Auch wenn der Gläubiger nach § 885a Abs. 3 S. 3 ZPO insoweit nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat, sollte mit einer unmittelbaren Vernichtung sorgsam umgegangen werden. Es liegt nahe, dass der Schuldner den Versuch unternimmt, eine unberechtigte Vernichtung zu behaupten und hieraus Schadensersatzansprüche wegen einer Pflichtverletzung im gesetzlichen Schuldverhältnis der Verwahrung abzuleiten, mit denen gegen die ansonsten begründeten Zahlungsansprüche die Aufrechnung erklärt wird. Selbst wenn der Schuldner am Ende mit solchen Einwendungen nicht durchdringt, kostet die Möglichkeit eines solchen Vorgehens Zeit und Geld.

Keller oder Speicher

Für die Praxis dürfte es sich anbieten, das bewegliche Mobiliar des Schuldners in einem Keller- oder Speicherraum zu lagern, bis die Verwertungszeit gekommen ist. Den hiermit verbundenen Aufwand kann der Gläubiger grundsätzlich als Verzugsschaden vom Schuldner ersetzt verlangen, wobei § 885a Abs. 7 ZPO anordnet, dass diese Kosten als Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO zu behandeln sind. Es bedarf also keiner gesonderten Titulierung dieser Kosten mehr.

 

Hinweis

Der BGH hat inzwischen allerdings klargestellt, dass diese Regelung nicht für die Kosten von Räumungen gilt, die vor d...

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