Leitsatz

Bei einer Zug-um-Zug-Vollstreckung genügt ein wörtliches Angebot der Gegenleistung durch den Gerichtsvollzieher (GV) nur, wenn der Schuldner erklärt, die Gegenleistung des Gläubigers nicht annehmen zu wollen.

AG Schöneberg, 24.1.2014 – 31 M 8119/13

1 Der Praxistipp

Zug um Zug führt zu § 756 ZPO

Die Entscheidung des AG zeigt exemplarisch, dass der Bevollmächtigte schon im Erkenntnisverfahren die mögliche spätere Zwangsvollstreckung im Auge haben muss. Bei der erstrebten oder allein möglichen Verurteilung des Schuldners zu einer Zug-um-Zug-Leistung muss § 756 ZPO ins Auge gefasst werden.

 

Im Wortlaut: § 756 ZPO

(1) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

(2) Der Gerichtsvollzieher darf mit der Zwangsvollstreckung beginnen, wenn der Schuldner auf das wörtliche Angebot des Gerichtsvollziehers erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen werde.

Vier Optionen – keine genutzt

Der Gläubiger hat damit vier Optionen, sich die Zwangsvollstreckung zu erleichtern:

Er kann den Schuldner bereits vor Klageerhebung oder während des Klageverfahrens hinsichtlich der Gegenleistung befriedigen. Dies muss allerdings durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde gegenüber dem GV nachgewiesen werden. Liegt eine solche Urkunde – wie regelmäßig – nicht vor, muss neben dem Zahlungsantrag ein Feststellungsantrag gestellt werden, dass der Schuldner befriedigt ist.
Soweit sich der Schuldner bereits vorgerichtlich im Annahmeverzug befunden hat, insbesondere bei Holschulden nach der Aufforderung zur Abholung, ist gleichfalls im Prozess ein Feststellungsantrag zu stellen, dass der Schuldner sich seit dem … im Annahmeverzug befindet. In diesem Fall stellt das Urteil oder auch der Prozessvergleich die notwendige öffentliche Nachweisurkunde dar.
Nach § 756 Abs. 2 ZPO genügt auch ein wörtliches Angebot, wenn der Schuldner die Annahme der Gegenleistung ohnehin verweigern würde. Das Gegenteil war im konkreten Fall gegeben. Der Schuldner hatte erklärt, die Gegenleistung an seinem Wohnort anzunehmen. In der Praxis ist es deshalb erforderlich, dem GV Anhaltspunkte dafür mitzuteilen, dass der Schuldner die Annahme verweigert. Hierzu können frühere schriftliche Erklärungen des Schuldners oder auch eidesstattliche Versicherungen zu Erklärungen in anderer Form genügen.
Im konkreten Fall stritten die Parteien um die Frage, ob eine Hol- oder eine Bringschuld bezüglich der Gegenleistung vorliegt. Soweit nicht bereits Annahmeverzug vorliegt, d.h. dem Schuldner die Gegenleistung bereits in gehöriger Form angeboten wurde und dies festgestellt werden kann, sollte im Erkenntnisverfahren auch diese Frage im Wege eines Feststellungsantrages geklärt werden. Der Umstand der Holschuld muss sich nämlich aus dem Titel ergeben. Eine eigene materiell-rechtliche Prüfungskompetenz kommt weder dem GV noch den Rechtsmittelgerichten zu. Das entspricht dem Grundsatz des formalisierten Vollstreckungsverfahrens.

Hätte der Gläubiger auch nur eine der Optionen genutzt, wäre seine Vollstreckung nicht nur früher möglich gewesen, sondern er hätte sich auch die Kosten des erfolglosen Vollstreckungsantrages sowie des ebenso erfolglosen Erinnerungsverfahrens sparen können.

FoVo 6/2014, S. 117 - 118

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