Keine Unpfändbarkeit von Hartz IV

Die Entscheidung des BGH wurde gerade von den Verbraucherorganisationen dahin interpretiert, dass die Pfändung von Hartz-IV-Leistungen nicht möglich sei. Das ist weder an der Quelle noch auf dem P-Konto zutreffend. Diese Leistungen sind dem Grunde nach pfändbar, sie unterliegen dann nur den gleichen Pfändungsschutzbestimmungen wie auch das Arbeitseinkommen.

 

Hinweis

Insoweit kommt es auf die konkrete Höhe der Hartz-IV-Leistung an. Das wird für sich allein dann allerdings im Ergebnis selten zu einem pfändbaren Betrag führen können. Wenn aber weitere Leistungen hinzuzurechnen sind (§ 850e ZPO) oder weitere Leistungen auf dem P-Konto eingehen (Rückerstattung vom Nebenkosten, Zuwendungen durch Angehörige etc.), kann sich ein die Pfändungsfreigrenze überschreitender Betrag ergeben.

Nachzahlung: alles noch einmal von vorne!

Die Streitfrage fokussiert sich auf die Frage, ob eine Nachzahlung im Zahlmonat zu berücksichtigen ist oder in dem Monat, für den die Nachzahlung erfolgt, und ggfs. aufzuteilen ist. Der BGH hat hierzu eine abstrakte und eine konkrete Antwort:

In welchem Monat die Nachzahlung zu beachten ist, richtet sich abstrakt nach dem Zweck der Zahlung. Dieser ist für jede Nachzahlung konkret zu bestimmen.
Für Nachzahlungen aufgrund des SGB II – und damit wohl auch des SGB XII – sieht der BGH den Zweck in der Unterhaltsgewährung und nicht in der allgemeinen Verfügbarkeit der Mittel, so dass die Nachzahlung konkret auf die Monate zu verrechnen ist, für die die Nachzahlung erfolgte. Es ist dann für jeden einzelnen Monat festzustellen, ob ein pfändbarer Betrag erreicht wurde. Diese Rechnung muss der Gläubiger nachvollziehen.
 

Beispiel

Im Fall des BGH hat die Schuldnerin eine Nachzahlung von 5.584,16 EUR für neun Monate bekommen. Ausgehend von einer gleichmäßigen Verteilung auf die Monate ergibt sich damit eine monatliche Zurechnung von 620,46 EUR (5.584,16 : 12). Bei einem Pfändungsfreibetrag von 1.705,21 EUR bleibt also die gesamte Nachzahlung pfändungsfrei, wenn Monat für Monat das Guthaben auf dem P-Konto nicht mehr als 1.084,75 EUR (1.705,21 EUR – 620,46 EUR) betragen hat.

Hat die Schuldnerin etwa weitere Zuflüsse von monatlich 900 EUR gehabt, in einem Monat aber eine Einmalzahlung von ihrer Oma über 300 EUR bekommen, so betrug das Guthaben fiktiv 900 EUR + 300 EUR + 620,46 EUR = 1.820,46 EUR. In diesem Fall wären bei einem Freibetrag von 1.705,21 EUR also 115,25 EUR in diesem Monat pfändbar gewesen. Um diesen Betrag ist dann der freizustellende Betrag zu kürzen (5.584,16 EUR – 115,25 EUR) und die Überweisung an den Gläubiger vorzunehmen. Das Beispiel zeigt, dass es sich für den Gläubiger durchaus lohnen kann, diese Rechnung Monat für Monat durchzuführen. Zugleich kann dies dem Informationsmanagement im Hinblick auf die Zahlungszuflüsse des Schuldners dienen.

FoVo 5/2018, S. 90 - 93

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