Auf den Tisch kommt, was bestellt wird

"Der Gläubiger ist Herr des Vollstreckungsverfahrens. Er bestimmt, Beginn, Ausmaß und Ende der Zwangsvollstreckung", so formuliert es der BGH in ständiger Rechtsprechung. Und doch muss sich der Gläubiger der Situation stellen, dass einige Gerichtsvollzieher – beileibe nicht alle – der Auffassung sind, dass der wegen der Sperrfrist erfolglose Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft zwangsläufig zur kostenpflichtigen Übersendung des bereits früher abgegebenen Vermögensverzeichnisses führt.

 

Hinweis

Die Übersendung des Vermögensverzeichnisses führt bei dem Gerichtsvollzieher nach Nr. 261 KVGvKostG zu einer Gebühr von 33 EUR, die sich mit der Auslagenpauschale nach Nr. 716 KVGvKostG von 6,60 EUR (20 % der Gebühr) auf insgesamt 39,60 EUR erhöht. Diese Kosten muss der Gläubiger vorfinanzieren und der Schuldner letztlich nach § 788 ZPO tragen. Und dies, obwohl der Gläubiger für ein bereits Monate altes und damit nicht mehr aussagekräftiges Vermögensverzeichnis überhaupt keine Verwendung hat.

Es ist deshalb sowohl aus fachlicher Sicht als auch unter Kostengesichtspunkten sinnvoll, auf das Vermögensverzeichnis zu verzichten und soweit möglich die kostengünstigere und aktuellere Vermögensauskunft Dritter nach § 802l ZPO einzuholen bzw. bis zum Ablauf der Sperrfrist zunächst auf die Zwangsvollstreckung zu verzichten und den Schuldner nur außergerichtlich zum Forderungsausgleich aufzufordern.

Verzicht auf bereits abgegebenes Vermögensverzeichnis

Das AG Segeberg eröffnet dem Gläubiger einen – wenn auch umständlichen – Weg, die Übersendung eines nutzlosen Vermögensverzeichnisses zu vermeiden. Das AG steht mit seiner Meinung nicht allein, dass auf die – kostenpflichtige – Übersendung eines Vermögensverzeichnisses auch verzichtet werden kann. Gleicher Meinung sind das LG Arnsberg (FoVo 2013, 234 = DGVZ 2014, 18) und das AG Plön (3.1.2014, 92 M 55/13). Der Argumentation einiger, aber durchaus nicht aller Gerichtsvollzieher ist dagegen die überwiegende Ansicht der Amtsgerichte gefolgt (AG Bochum v. 2.5.2013, 51 M 1177/13; AG Heidelberg v. 7.6.2013, 1 M 14/13; AG Menden v. 12.7.2013, 5 M 566/13; AG Mühldorf DGVZ 2013, 193 f.; AG Peine FoVo 2013, 178; AG Wetzlar v. 29.10.2013, 81 M 2731/13).

Geht auch noch mehr?

Nach § 31 Abs. 2 GVGA hat der GV Weisungen des Gläubigers zu befolgen, soweit sie nicht dem Gesetz oder den GVGA widersprechen. Da § 802d ZPO systematisch den der Dispositionsbefugnis unterliegenden Antragsvorschriften zuzuordnen ist, muss es dem Gläubiger möglich sein, nicht nur zu bestimmen, dass er gänzlich auf ein Vermögensverzeichnis verzichten will, sondern auch, dass er auf dessen Übersendung verzichtet, wenn es mehr als drei oder sechs Monate alt ist.

Kein Verfahren an Praxiserfahrungen vorbei

Die Praxis zeigt, dass in einem Vermögensverzeichnis angegebenes zugriffsfähiges Vermögen nach Ablauf der genannten Zeiträume nicht mehr vorhanden ist oder sich die Verhältnisse so geändert haben, dass ein erfolgreicher Zugriff nicht mehr zu bewerkstelligen ist. Es dient aber weder dem Gläubiger noch dem letztlich kostentragungspflichtigen SU, wenn auf der Grundlage eines veralteten Vermögensverzeichnisses auch noch eine un­fruchtbare weitere Vollstreckungsmaßnahme ausgelöst wird, die den Schuldner mit weiteren Kosten belastet. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sollten die Vorschriften so ausgelegt werden, dass sie am Ende eine effektive Zwangsvollstreckung ermöglich, ohne den Vollstreckungsparteien unverhältnismäßige und vor allem unnötige Kosten aufzuerlegen. Dem entspricht § 802a Abs. 1 ZPO: "Der Gerichtsvollzieher wirkt auf eine zügige, vollständige und kostensparende Beitreibung von Geldforderungen hin."

Von RiOLG Frank-Michael Goebel, Koblenz

FoVo 5/2014, S. 93 - 97

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