GV verkennt die Rechtslage – gütliche Einigung nicht tangiert

Die Weigerung des GV, den erteilten Auftrag auszuführen, ist rechtswidrig und verletzt die Gläubigerin in ihren Rechten. Die Gläubigerin hat zunächst den Auftrag erteilt, mit dem SU die gütliche Erledigung nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 1, 802b ZPO zu versuchen. Es ist schon im Ansatz nicht ersichtlich, inwieweit die nur für den erfolglosen Erledigungsversuch und die Negation der Voraussetzungen des § 802c ZPO erteilte Weisung zur Übermittlung eines bereits abgegebenen VV nach § 802d Abs. 1 Satz 2 ZPO diesen Auftrag tangiert. Kommt es zur gütlichen Einigung, entfalten die aufgeworfenen Rechtsfragen keine Bedeutung. Der Antrag durfte vor diesem Hintergrund nicht vollständig zurückgewiesen werden.

Was ist, wenn gar keine VA vorliegt?

Für den Fall, dass eine gütliche Einigung nach § 802b ZPO nicht gelingt, hat die Gläubigerin auf der zweiten Stufe beantragt, dem SU die VA nach § 802c ZPO abzunehmen. Zutreffend weist der GV darauf hin, dass er in diesem Fall zunächst zu prüfen hat, ob der SU die VA nach § 802c ZPO, § 284 AO oder – über § 39 Nrn. 1, 4 EGZPO – nach §§ 807, 900 ZPO bereits in den letzten zwei Jahren (vgl. AG Dresden FoVo 2013, 49; AG Memmingen FoVo 2013, 67; AG Osnabrück FoVo 2013, 68) abgegeben hat. Allein der GV ist dabei nach § 802k ZPO berechtigt, die erforderlichen Informationen bei den zentralen Vollstreckungsgerichten abzufragen. Auch dieser Umstand steht allerdings der Ausführung des erteilten Auftrages unter dem Blickwinkel der Weisung zur Übermittlung eines bereits im maßgeblichen Zeitraum abgegebenen VV nicht entgegen. Ergibt die Abfrage des GV nämlich, dass der SU in den letzten zwei Jahren kein VV vorgelegt hat, kommt es auch in dieser Konstellation auf die Streitfrage nicht an. Der GV ist damit nach §§ 802a Abs. 1, 802c ZPO verpflichtet, zunächst die Voraussetzungen des § 802c ZPO zu prüfen und den Auftrag auszuführen, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Auf die Frage der Dispositionsbefugnis des Gläubigers bei der Übermittlung einer bereits abgegebenen VA kommt es nämlich auch dann nicht an.

Auslegung des GV vernachlässigt Wortlaut, Systematik und Zweck

Die Auffassung des GV, dass vom Antragsrecht des Gläubigers nicht umfasst sei zu bestimmen, wann bzw. unter welchen Voraussetzungen er die – nach Nr. 261 KV GVKostG mit 25 EUR kostenpflichtige – Übermittlung eines bereits abgegebenen VV verlangen möchte, ist unzutreffend. Eine solche Auffassung lässt sich mit Wortlaut, Sinn und Zweck der Gesetzesbegründung sowie der Gesetzgebungsgeschichte und damit den einschlägigen Auslegungsregeln zur gesetzlichen Regelung nicht in Einklang bringen.

Recht auf Abschrift begründet keine Pflicht der Abnahme

Zutreffend weist der GV darauf hin, dass der Gläubiger nach § 802d Abs. 1 Satz 2 ZPO einen Anspruch darauf hat, dass ihm der GV einen Ausdruck des letzten abgegebenen VV zuleitet, wenn dieses VV die Sperrwirkung nach § 802d Abs. 1 Satz 1 ZPO entfaltet. Auch wird der SU nach § 882b Abs. 1 Nr. 1 ZPO in das Schuldnerverzeichnis eingetragen, wenn der zuständige GV von Amts wegen nach § 882c Abs. 1 Nr. 2 oder 3 ZPO die Eintragung angeordnet hat, weil er dem Gläubiger eine bereits erteilte VA nach § 802d Abs. 1 Satz 2 ZPO zugeleitet hat. Der GV zieht aus dieser Rechtslage allerdings unzutreffende Schlüsse.

Eintragungsanordnung nur, wenn tatsächlich zugeleitet wird

Der Wortlaut von § 882c ZPO begründet die Auffassung des GV nicht. Aus der geschilderten Rechtslage ergibt sich zunächst, dass eine Eintragungsanordnung nur ergeht, wenn das VV dem Gläubiger auch tatsächlich zugeleitet wird. Nur in diesem Fall hat der GV über die Eintragung auch von Amts wegen zu entscheiden. Damit ergibt sich aus § 882c Abs. 1 der ZPO lediglich, dass die Eintragung des SU nach der Zuleitung des VV der Dispositionsbefugnis des Gläubigers entzogen ist. Damit ist aber nicht ausgesprochen, dass auch die Frage, wann das VV dem Gläubiger zugeleitet wird, seiner Dispositionsbefugnis entzogen ist.

Gesetzgeber stellt auf Zuleitung, nicht auf den Anspruch ab

Das Gegenteil ergibt sich gerade daraus, dass der Gesetzgeber für die Eintragung auf die tatsächliche Zuleitung abstellt und nicht schon den Antrag nach §§ 802c, 802d ZPO ausreichen lässt. Sollte die Zuleitung in jedem Fall erfolgen, in dem einerseits ein Antrag nach § 802c ZPO gestellt wird und andererseits schon ein VV vorliegt, wäre die Beschränkung der Eintragung auf den Fall der Zuleitung nicht erforderlich gewesen, weil schon die Antragstellung nach § 802c ZPO den Eintragungsvorgang im Fall des § 802d Abs. 1 ZPO zwingend in Gang setzen würde. Es hätte deshalb genügt, auf die Antragstellung abzustellen. Stattdessen hat der Gesetzgeber die Eintragungsanordnung aber einschränkend normiert. Das knüpft an die bisherige Praxis an, dass die Gläubiger auf eine Übermittlung der VV in der Vergangenheit regelmäßig verzichtet haben, wenn das VV älter als drei bis sechs Monate war, weil die Praxis gezeigt hat, dass die Informationen dann meist veralt...

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