Leitsatz

Auch wenn die Sachpfändung noch nicht an allen Wohn- und Geschäftssitzen des Schuldners stattgefunden hat und deshalb die Voraussetzungen nach § 807 Abs. 1 Nr. 1 ZPO für die Vorlage des Vermögensverzeichnisses und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung noch nicht vorliegen, kann diese unter den Voraussetzungen des § 807 Abs. 1 Nr. 4 ZPO abzunehmen sein.

AG Waiblingen, 20.1.2012 – M 68/12

1 Der Praxistipp

SU wird trotz Ankündigung nicht angetroffen

Die GV hat – nachdem sie den Schuldner nicht in seiner Wohnung angetroffen hatte – dem SU den Termin zur Durchführung der Vollstreckung an seiner Wohnanschrift angekündigt und darauf hingewiesen, dass er nach § 807 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet ist, falls er oder eine von ihm beauftragte dritte Person bei der Durchführung des Termins nicht anwesend sein sollte. Trotz dieser schriftlichen Ankündigung mehr als zwei Wochen im Voraus hat die GV den SU auch am bestimmten Termin nicht in seiner Wohnung angetroffen.

Der kleine Unterschied: alternativ statt kumulativ

Das AG hat daraus – überraschenderweise von Amts wegen – angenommen, dass die Voraussetzungen nach § 807 Abs. 1 Nr. 4 für das Offenbarungsverfahren vorliegen. Die Vermögensauskunftspflicht setze nicht voraus, dass die Voraussetzungen von § 807 Abs. 1 Nr. 1 und 4 kumulativ vorliegen. Ausreichend sei, dass eine der beiden Voraussetzungen erfüllt sei (vgl. dazu auch Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 807 Rn 14 a.E.).

Selbstständig prüfen und auf Rechtslage hinweisen

Grundsätzlich sollte der Gläubiger nicht auf die Prüfung des AG von Amts wegen hoffen und vertrauen, sondern seinerseits die Voraussetzungen des § 807 Abs. 1 selbstständig prüfen und das Vollstreckungsorgan darauf hinweisen, welche Voraussetzungen nach welcher Alternative vorliegen. In vielen Fällen kann die Zwangsvollstreckung so stringenter durchgeführt werden. Da der Schuldner durch die erste Sachpfändung gewarnt ist, wird am zweiten Ort nämlich bei lebensnaher Betrachtungsweise kaum zugriffsfähiges Vermögen vorzufinden sein. Die von den GV vielfach verlangte Vollstreckung an verschiedenen Orten kostet deshalb nur Geld und unnötige Zeit, die vor dem Hintergrund von § 804 Abs. 3 ZPO (wer zuerst kommt, erhält den Vollstreckungserlös) ebenfalls teuer werden kann.

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