Gegenstandswertbestimmung nach § 25 RVG

Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG nach dem Betrag der zu vollstreckenden Geldforderung, höchstens jedoch nach dem Wert des gepfändeten Gegenstands. Unter einem "bestimmten Gegenstand" sind dabei nicht nur bewegliche oder unbewegliche Sachen, sondern insbesondere auch Forderungen zu verstehen (vgl. nur Hartmann, in: Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, § 25 RVG Rn 5 m.w.N.).

Streit um den richtigen Anknüpfungspunkt

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, welche Auswirkungen es hat, wenn sich – ggf. auch nachträglich – herausstellt, dass die gepfändete Forderung tatsächlich objektiv geringwertig oder gar wertlos war.

Nach einer Ansicht ist der tatsächliche Wert der gepfändeten Forderung bzw. der Mindestgegenstandswert von 500 EUR zugrunde zu legen (OLG Köln Rpfleger 2001, 149; LG Hamburg ZMR 2009, 697; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. 2015, § 25 Rn 17; Noethen, in: Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 14. Aufl. 2016, Rn 4446; Frankenberg, in: Göttlich/Mümmler, RVG, 6. Aufl. 2015, S. 1282; Gierl, in: Mayer/Kroiß, Nomos-Kommentar RVG, 6. Aufl. 2013, § 25 Rn 11; Potthoff, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl. 2014, § 25 Rn 12; Wolf/Volpert, in: Schneider/Wolf, Anwaltkommentar RVG, 7. Aufl. 2014, § 25 Rn 16).
Nach anderer Ansicht ist darauf abzustellen, von welchem Wert der Gläubiger oder sein Rechtsanwalt subjektiv ausgehen (OLG Karlsruhe NJW-RR 2011, 501; OLG Naumburg NJW-RR 2014, 1151; Römermann, in: Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl. 2006, § 25 Rn 9–15). Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Schätzung plausibel ist und eine nachvollziehbare tatsächliche Basis hat.
Schließlich wird teilweise angenommen, dass es auf den Wert der insgesamt zu vollstreckenden Forderung ankommen soll, wenn die gepfändete Forderung weniger werthaltig als erwartet oder sogar wertlos sein sollte (LG Düsseldorf RVGReport 2005, 358; LG Hamburg (22. ZK) AnwBl 2006, 449).

OLG: Erste Ansicht überzeugt

Das OLG Brandenburg folgt der erstgenannten Auffassung. Allein diese ist mit dem klaren Wortlaut des § 25 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 RVG vereinbar. Mit dieser Norm wird ausdrücklich angeordnet, dass der geringere Wert maßgebend sein soll, wenn der gepfändete Gegenstand einen geringeren Wert hat als der insgesamt zu vollstreckende Betrag. Dies muss erst recht dann gelten, wenn die gepfändete Forderung völlig wertlos ist, etwa weil sie gar nicht besteht. Dabei ist auf den objektiven Wert der Forderung und nicht etwa auf die subjektiven Vorstellungen der Verfahrensbeteiligten abzustellen. Auch in allen anderen Fällen ist der Gegenstandswert nämlich objektiv zu bestimmen (vgl. nur Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. 2015, § 2 Rn 9; Enders, in: Hartung/Schons/Enders, RVG, 2. Aufl. 2013, § 2 Rn 7; N. Schneider/Onderka, in: Schneider/Wolf, Anwaltkommentar RVG, 7. Aufl. 2014, § 2 Rn 26). Für eine Annahme, dass für Forderungen etwas anderes gelten soll, gibt es im gegenwärtigen Gesetzeswortlaut keinen Anhaltspunkt.

"Änderung der Verhältnisse" unbeachtlich

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Gebührenanspruch bereits mit dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit entsteht und wegen § 8 Abs. 1 Satz 1 RVG erst später fällig wird. Für das Entstehen des Gebührenanspruchs ist es nämlich nicht erforderlich, dass der Gegenstandswert bereits bekannt ist. Es genügt, dass der Wert objektiv feststeht, wenngleich er den Beteiligten noch nicht bekannt sein mag (vgl. LG Stuttgart NJOZ 2014, 218). Insoweit bestehen im Übrigen keine Unterschiede zwischen Forderungs- und Sachpfändungen, denn in beiden Fällen kann es sein, dass der objektive Wert zunächst unbekannt ist, worauf die angefochtene Entscheidung zu Recht hinweist. Ergänzend merkt der Senat an, dass auch in anderen Zusammenhängen anerkannt wird, dass der Gegenstandswert erst rückschauend festgestellt werden kann (vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. 2015, § 2 Rn 19 a.E.).

Keine Form der Erfolgsprovision

Entgegen der Gegenauffassung widerspricht eine Wertfestsetzung auf null schließlich nicht der Systematik des RVG und bedeutet insbesondere nicht, dass die Höhe des Anwaltshonorars sich nach dem Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit richten würde (so aber OLG Naumburg NJW-RR 2014, 1151; OLG Karlsruhe NJW-RR 2011, 501). Wie der angefochtene Beschluss zutreffend ausführt, besteht der Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit nicht in der Rückführung der titulierten Forderung, sondern (allein) in der Erwirkung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (so auch LG Stuttgart NJOZ 2014, 218). Der Wert eines solchen Beschlusses kann jedoch nicht höher sein als der objektive Wert der gepfändeten Forderung.

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