BGH versagt weiteren Schutz

Der Einstellungsantrag des Beklagten ist nicht begründet. Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil Revision eingelegt, so ordnet das Revisionsgericht auf Antrag an, dass die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt wird, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht (§ 719 Abs. 2 ZPO).

Vermeidbares ist kein unersetzlicher Nachteil

Der Beklagte hat die Voraussetzungen des § 719 Abs. 2 ZPO nicht dargetan. Nicht unersetzlich sind Nachteile, die der Schuldner selbst vermeiden kann. Deswegen kann er sich nach der ständigen Rechtsprechung des BGH grundsätzlich nur dann darauf berufen, die Zwangsvollstreckung bringe ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil, wenn er in der Berufungsinstanz einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt hat. Hat der Schuldner dies versäumt, kommt eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn es dem Schuldner im Berufungsverfahren aus besonderen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar war, einen Vollstreckungsschutzantrag zu stellen (BGH WuM 2003, 637 = InVo 2004, 195; BGH WuM 2004, 553 m.w.N.).

Keine Umdeutung eines Vollstreckungs­schutzantrages

Der Beklagte hat in der Berufungsinstanz keinen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt. In dem während des Berufungsverfahrens gestellten Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 1, § 707 ZPO, dem das LG stattgegeben hat, kann schon wegen der unterschiedlichen Zielrichtung ein Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO nicht gesehen werden. Auch in dem Schreiben vom 16.2.2012 kann ein solcher Antrag nicht gesehen werden. Dabei handelt es sich allenfalls um die Beantragung einer Räumungsfrist nach § 721 ZPO.

Keine Unmöglichkeit des Vollstreckungsantrages

Es war dem Beklagten auch nicht aus besonderen Gründen unmöglich, im Berufungsverfahren einen Vollstreckungsschutzantrag zu stellen. Dafür, dass dem Beklagten die Stellung eines solchen Antrags nicht möglich oder nicht zumutbar war, ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die von dem Beklagten geltend gemachte schwere Erkrankung ist bereits bei der in dem Berufungsurteil gewährten Räumungsfrist berücksichtigt worden.

Fehler des Berufungsgerichts unbeachtlich

Dass das LG bei seiner Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit die Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO auch hinsichtlich des Räumungsanspruchs hätte einräumen müssen, ist unbeachtlich. Ein Vollstreckungsschutzantrag des Beklagten nach § 712 ZPO wäre auch dann nicht entbehrlich gewesen, weil die Abwendungsbefugnis des Schuldners nach § 711 ZPO entfällt, wenn der Gläubiger seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

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