I. Das Problem

Pfändung von Arbeitseinkommen und Zusammenrechnung

Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung und hat in Erfahrung gebracht, dass der Schuldner für zwei Arbeitgeber tätig ist. Er pfändet daraufhin den jeweiligen Arbeitslohn und beantragt zugleich die Zusammenrechnung des Arbeitseinkommens mit dem vorgesehenen Formular nach der Zwangsvollstreckungsformularverordnung.

Monierung und angedrohte Zusammenrechnung

Die Rechtspflegerin moniert den beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und begehrt Darlegungen zu der Frage, welches Einkommen tatsächlich die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Schuldners bildet. Für den Fall, dass die Darlegungen nicht binnen einer Frist von zwei Wochen erfolgen, kündigt sie die Ablehnung des Antrages an. Das Problem: Wir haben keine Erkenntnisse über die Höhe des jeweiligen Arbeitseinkommens. Wie vermeiden wir nun die Ablehnung des Antrages?

II. Die Lösung

Zusammenrechnung nach § 850e ZPO

Verfügt der Schuldner über mehrere Arbeitseinkommen, so ist für die Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO jedes Einkommen gesondert zu betrachten. Meist ergibt sich dann kein pfändbarer Betrag. Ein für den Gläubiger günstigeres Ergebnis lässt sich dann nur bei der Zusammenrechnung der Arbeitseinkommen erzielen. Die Zusammenrechnung setzt nach § 850e Nr. 2 ZPO einen Antrag des Gläubigers voraus. Der Antrag kann unmittelbar mit dem Antrag auf Erlass des PfÜB nach dem amtlichen Formular erfolgen (siehe oben) oder nachträglich gesondert (siehe Arbeitshilfe in diesem Heft).

 

Hinweis

Wird der Antrag auf Zusammenrechnung zusammen mit dem Antrag auf Erlass des PfÜB gestellt, so erfolgt nach § 834 ZPO keine Anhörung des Schuldners. Bei einem gesonderten Antrag erfolgt dagegen eine Anhörung, was das Verfahren geringfügig verzögern kann.

Die Voraussetzungen der Zusammenrechnung

Mehrere Arbeitseinkommen sind auf Antrag vom Vollstreckungsgericht bei der Pfändung zusammenzurechnen. Antragsberechtigt ist ausschließlich der Gläubiger (Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., Rn 2), mithin weder der Schuldner (Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., Rn 2; a.A. Schmid, in: MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 850e Rn 17) noch die Drittschuldner.

Der unpfändbare Grundbetrag ist in erster Linie dem Arbeitseinkommen zu entnehmen, das die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Schuldners bildet.

 

Hinweis

Die Frage, welches Einkommen die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Schuldners darstellt, ist nicht allein nach der Höhe der jeweiligen Arbeitseinkommen zu bestimmen. Auch die Sicherheit und Beständigkeit des Arbeitsverhältnisses sind maßgebliche Kriterien.

Problem: die Darlegungs- und Beweislast

Hinsichtlich der den Antrag tragenden, ihn begünstigenden Tatsachen trifft den Gläubiger die Darlegungs- bzw. im Streitfalle die Beweislast (Schmid, in MüKo-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 850e Rn 17; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 850e ZPO Rn 45). Der Gläubiger muss also zumindest die ungefähre Höhe der jeweiligen Arbeitseinkommen benennen.

Zwei Lösungsansätze

Verfügt der Gläubiger nicht über die entsprechenden Erkenntnisse, befindet er sich in einem Dilemma:

Vermögensauskunft

Er kann zunächst versuchen, die Höhe der jeweiligen Arbeitseinkommen und die weiteren maßgeblichen Umstände durch den Antrag auf Abnahme einer Vermögensauskunft, eine vorzeitige erneute Vermögensauskunft oder eine Nachbesserung zu klären.

 

Hinweis

Neben den damit verbundenen Kosten birgt diese Vorgehensweise die Gefahr, dass konkurrierende Gläubiger vorrangig das Arbeitseinkommen pfänden oder der Schuldner während des Verfahrens über die Vermögensauskunft den pfändbaren Anteil des Arbeitseinkommens abtritt.

Step by step

Es können beide Arbeitseinkommen gepfändet und der Antrag auf Zusammenrechnung gestellt werden. Kommt es zu der von der Leserin angegebenen Monierung, kann der Antrag auf Zusammenrechnung zurückgenommen werden. Damit wird der Antrag dann zunächst ohne Zusammenrechnung erlassen. Dabei wird zugleich auch der Anspruch auf Herausgabe der Lohnabrechnung gegen die Drittschuldner (!) gepfändet. Der BGH hat insoweit ausdrücklich ausgesprochen, dass der Gläubiger einen Anspruch auf die Lohnabrechnung hat, deren Überlassung als unselbstständiger Nebenanspruch mit gepfändet ist.

 

Hinweis

Im Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sollte auf S. 8 ein entsprechender Hinweis eingefügt werden. Das erleichtert die praktische Umsetzung sehr.

Lohnabrechnungen helfen bei der Antragstellung

Verfügt der Gläubiger über die Lohnabrechnung, so kann er die Höhe des jeweiligen Arbeitseinkommens bestimmen. Auch kann er sehen, ob es sich bei den Arbeitsverhältnissen um unbefristete oder befristete Arbeitsverhältnisse handelt, so dass das unbefristete Arbeitsverhältnis grundsätzlich das sicherere ist. Bei der Befristung ist neben dem Eintrittsdatum auch das Austrittsdatum schon notiert:

 
Eintritt Austritt
1.8.2017 31.7.2019

Ausgehend davon kann dann nach der Pfändung der Arbeitseinkommen die Zusammenrechnung gesondert beantragt werden. Die maßgeblichen Angaben liege...

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