Konsequente Arbeit an Normen

Grundsätzlich steht dem Schuldner auf dem Pfändungsschutzkonto nach § 850k Abs. 1 ZPO lediglich der Freibetrag nach § 850c Abs. 1 S. 1 ZPO in Höhe von 1.073,88 EUR zu. Dieser Freibetrag kann um die Freibeträge für unterhaltsberechtigte Personen nach § 850k Abs. 2 und Abs. 5 ZPO i.V.m. § 850c Abs. 1 S. 2 ZPO erhöht werden. Das stand hier nicht infrage. Eine weitere Erhöhung des Pfändungsfreibetrages kommt nur unter den Voraussetzungen des § 850k Abs. 4 ZPO in den dort in Bezug genommenen Fällen in Betracht. Die Schuldnerin trägt schon nicht vor, dass einer der dort genannten Fälle vorliegt. Insoweit hat das AG den Antrag zu Recht zurückgewiesen.

Gläubiger muss dem Dritten nicht den Vorrang lassen

Das damit erzielte Ergebnis ist auch sachgerecht. Der Vollstreckungsgläubiger, dessen Forderung tituliert ist, muss einem untitulierten Gläubiger nicht den Vorrang gewähren. Ausgehend davon, dass der Zahlungseingang mit Wissen und Wollen des Dritten auf dem Konto der Schuldnerin erfolgt ist, hat sich die Schadensersatzleistung der Versicherung in einen Auszahlungsanspruch des Dritten gegen die Schuldnerin nach § 667 BGB gewandelt. Nicht anders wäre der Fall zu behandeln, wenn der Zahlungseingang von der Schuldnerin ohne rechtlichen Grund veranlasst worden wäre, so dass ein Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB besteht. Dieser Anspruch ist untituliert und geht dem Pfändungspfandrecht nach § 804 Abs. 3 ZPO nach. Für Billigkeitserwägungen ist kein Raum.

Auch keine sittenwidrige Härte

Zu denken wäre allenfalls an einen Antrag der Schuldnerin nach § 765a ZPO. In dessen Anwendung käme eine Einstellung der Zwangsvollstreckung hinsichtlich des dem Konto gutgeschriebenen Betrages nur in Betracht, wenn die unterlassene Freigabe sich als besondere Härte der Zwangsvollstreckung für die Schuldnerin darstellen würde, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Hier ist zu sehen, dass die Zwangsvollstreckung nicht für den Schuldner, sondern für den Dritten eine besondere Härte darstellt (vgl. BVerfG FoVo 2015, 192). § 765a ZPO schützt aber nur den Schuldner und gibt allein diesem ein Antragsrecht. Im Übrigen liegt keine besondere Härte vor, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist, weil es dem Dritten in der Regel möglich gewesen wäre, einen anderen Zahlungsweg zu wählen. Die missliche Situation ist also nicht vom Gläubiger, sondern von dem Dritten und vom Schuldner veranlasst.

Keine Drittwiderspruchsklage

Letztlich kommt auch eine Drittwiderspruchsklage nicht in Betracht, da mit dem Eingang des Geldes auf dem Konto des Schuldners die Gutschrift im Kontokorrent aufgeht. Sie wandelt sich in den entsprechenden Zahlungsanspruch des Dritten gegen den Schuldner. Ein die Veräußerung hinderndes Recht an der Gutschrift besteht nicht mehr.

FoVo 2/2016, S. 39 - 40

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