BGH stimmt Vorinstanzen zu

Die Klägerin kann keine Zahlung aus der Prozessbürgschaft gemäß § 765 Abs. 1 BGB verlangen. Das Berufungsgericht hat die insoweit geltend gemachten Ansprüche zu Recht als verjährt angesehen. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH unterliegen Forderungen aus einer Bürgschaft grundsätzlich unabhängig von der Verjährung der Hauptforderung der selbstständigen dreijährigen Regelverjährung nach § 195 BGB (BGH WM 2008, 2165; BGH WM 2012, 2190).

Es gilt die Regelverjährungsfrist

Die Regelverjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in welchem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den seinen Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Dabei entsteht der Anspruch aus der Bürgschaft unabhängig von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers in der Regel mit Fälligkeit der gesicherten Hauptschuld (st. Rspr. BGHZ 175, 161; BGH WM 2008, 173). Diese Grundsätze sind auf die hier in Rede stehende, zur Abwendung der Sicherungsvollstreckung nach § 720a Abs. 3 ZPO geleistete Prozessbürgschaft übertragbar.

Keine analoge Anwendung von § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB

Ansprüche aus einer solchen Prozessbürgschaft unterliegen nicht der für rechtskräftig festgestellte Ansprüche geltenden dreißigjährigen Verjährung analog § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Für eine analoge Anwendung fehlt es sowohl an einer Regelungslücke als auch an einer vergleichbaren Interessenlage. Aus der Rechtsnatur einer zur Abwehr der Sicherungsvollstreckung erteilten Prozessbürgschaft ergibt sich nichts anderes. Die Geltung einer dreißigjährigen Verjährungsfrist lässt sich weder mit dem Sicherungszweck der Prozessbürgschaft noch systematisch mit dem in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO zum Ausdruck kommenden Prinzip der Gleichwertigkeit von Hinterlegung und Prozessbürgschaft rechtfertigen.

Sicherungszweck ist beschränkt

Die Prozessbürgschaft ist eine prozessuale Sicherheit im Sinne von § 108 ZPO. Sie dient der Ermöglichung, der Aufhebung oder der Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil. Der Umfang der Haftung des Prozessbürgen richtet sich dabei grundsätzlich nach dem Zweck der Sicherheitsleistung, der in der Regel der gerichtlichen Anordnung entnommen werden kann. Wird eine Prozessbürgschaft auf Veranlassung des erstinstanzlich unterlegenen Schuldners zur Vollstreckungsabwehr erbracht, besteht ihr Sicherungszweck nicht in der Sicherung der titulierten materiellen Forderung, sondern in der Sicherung der durch den Titel geschaffenen und nunmehr aufgeschobenen Vollstreckungsbefugnis des Titelgläubigers.

Sicherungszweck ist zeitlich sehr beschränkt

Dieser Sicherungszweck verlangt entgegen der Annahme der Revision nicht die analoge Anwendung der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Die zur Vollstreckungsabwehr erbrachte Prozessbürgschaft zielt nicht darauf ab, dem Titelgläubiger einen zweiten Schuldner zu verschaffen. Vielmehr will der Prozessbürge dem Titelgläubiger mit der Stellung einer solchen Prozessbürgschaft lediglich einen angemessenen Ausgleich für den einstweiligen Aufschub von Vollstreckungsmaßnahmen gewähren und den Titelgläubiger vor einer zwischenzeitlich eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schützen.

Was der Gläubiger tun kann

Die Anwendung der dreijährigen Regelverjährung gemäß §§ 195, 199 BGB beeinträchtigt den Gläubiger einer Prozessbürgschaft auch nicht unangemessen. Wie in allen Fällen, in denen die Verjährungsfrist der gesicherten Schuld über die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren hinausreicht, hat der Bürgschaftsgläubiger ausreichend Gelegenheit, verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen. Auch steht es ihm frei, mit dem Bürgen eine längere Verjährungsfrist (§ 202 Abs. 2 BGB), einen späteren Verjährungsbeginn oder einen befristeten Verzicht des Bürgen auf die Erhebung der Verjährungseinrede zu vereinbaren.

Keine Analogie zur Hinterlegung

Eine analoge Anwendung der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB lässt sich auch nicht damit begründen, dass ein Anspruch auf Herausgabe hinterlegter Geldbeträge oder Wertpapiere regelmäßig erst mit dem Ablauf von 30 Jahren nach der Hinterlegung erlöschen würde (vgl. etwa § 28 Abs. 1 HintG M-V, Art. 24 Abs. 1 BayHintG; § 28 HintG NRW; siehe auch § 382 BGB). Aus § 108 Abs. 1 S. 2 ZPO ergibt sich nicht, dass Prozessbürgschaft und Hinterlegung materiell-rechtlich gleichförmig ausgestaltet sein müssen, denn das Prozessrecht regelt weder die Entstehung noch die Verwertung der einzelnen Sicherungsmittel, sondern überlässt dies dem jeweils geltenden materiellen Recht.

Rückgabeverpflichtung kein Argument

Auch § 109 ZPO streitet nicht für die Anwendung der dreißigjährigen Verjährungsfrist auf die Prozessbürgschaft. Sie regelt die Rückgabe der Prozesssicherheit durch Anordnung des Gerichts, sofern die Veranlassung für die Sicherheitsleistung weggefallen ist. Das ist bei einer zur Vollstreckungsabwehr bestellten Prozessbürgschaft nach § ...

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