BMJ hat aus Fehlern der Vergangenheit nicht viel gelernt

Das BMJ hat seine "Drohung" wahr gemacht und den Entwurf für ein verbindliches Formular für die Beauftragung des Gerichtsvollziehers vorgelegt. Er liegt den Bundesländern und den Verbänden zur Anhörung bis Ende Februar 2014 vor. Leider hat das BMJ aus der massiven Kritik der Praxis am Formular für die Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wenig gelernt.

 

Beispiel

So umfasst das Formular insgesamt sechs Seiten, die auch dann vorzulegen sind, wenn nur eine einfache Zustellung beantragt werden soll. Nicht immer kann diese nämlich unmittelbar mit der Vollstreckung verbunden werden, etwa in den Fällen des § 798 ZPO. Das Risiko, mit der Argumentation zu scheitern, dass die Zustellung noch kein Vollstreckungsauftrag ist, dürfte kaum ein Gläubiger wegen des damit verbundenen Zeitverlustes eingehen wollen. Soll ein PfÜB an einen bestimmten Drittschuldner später zugestellt werden, kann kaum in Abrede gestellt werden, dass die Zustellung Teil der Vollstreckung und des Vollstreckungsauftrages ist (§ 829 Abs. 3 ZPO).

Die Ergebnisse der Anhörung geben hoffentlich Gelegenheit, dies noch zu korrigieren. Aber immerhin: Grün muss der Antrag nicht mehr sein und auch sonst wird auf die Farbe verzichtet. Nötig ist dies insbesondere bei der Forderungsaufstellung. Sie ist weiterhin nicht hinreichend transparent, wenn der Schuldner bereits eine zu verrechnende Teilleistung erbracht hat. Der Gerichtsvollzieher kann die richtige Verrechnung (§§ 367, 497 BGB) dann nur prüfen, wenn ihm zusätzlich noch eine Forderungsaufstellung überreicht wird.

Formular ist unvollständig bei der Nachbesserung …

Gleichzeitig ist das Formular wieder unvollständig, so dass Ergänzungsblätter erforderlich werden. Am augenfälligsten ist insoweit, dass die in der Praxis wichtige Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses bei den möglichen Antragstellungen nicht berücksichtigt wurde.

… der Möglichkeit von Weisungen …

Trotz der Möglichkeit, dem Gerichtsvollzieher Weisungen zu erteilen, soweit diese nicht der GVGA oder dem Gesetz widersprechen, § 31 Abs. 2 GVGA, sieht das Formular keine hinreichenden Möglichkeiten vor, bei den einzelnen Aufträgen entsprechende Anweisungen zu geben. Auch werden keine Standardweisungen als Möglichkeit vorgegeben, etwa zu einer Mindestrate bei der gütlichen Einigung oder zur Vollstreckungszeit, zum Vollstreckungsort oder zu Zugriffsobjekten. Soll die Sachpfändung bei einer Erfolgsquote von 0,113 % in der Vergangenheit eine Renaissance erleben, sind solche zielgerichteten Weisungen aber dringend erforderlich.

… der Aufenthaltsermittlung …

Ebenfalls entgegen der GVGA sieht das Formular keine Möglichkeit vor, den Gerichtsvollzieher unmittelbar mit der Aufenthaltsermittlung beim Träger der Rentenversicherung zu beauftragen und zur Vermeidung der vorherigen EMA-Auskunft nach § 755 Abs. 1 ZPO einen Nachweis über die eigene EMA-Ermittlung des Gläubigers in Monatsfrist vorzulegen. Das macht Ergänzungen an anderer Stelle notwendig, was den Antrag weiter verlängert. Es handelt sich dabei nur um Beispiele, die sich fortsetzen ließen. So bleibt es etwa ein Geheimnis des Verordnungsgebers, warum die Vorsteuerabzugsberechtigung des Gläubigervertreters angegeben werden soll.

Fazit

Dem Gläubiger – und seinen Softwareanbietern – droht hier neues Ungemach, wenn das Formular in der derzeitigen Form tatsächlich Eingang in die Zwangsvollstreckungsformularverordnung finden soll. Die Möglichkeiten eines schnellen, unkomplizierten und kosten­günstigen (Kopier- und Beglaubigungskosten bei so vielen Seiten!) Vollstreckungszugriffs werden beschränkt. Die Diskussion um die richtige und zulässige Ergänzung des Formulars wird mit über 4.400 Gerichtsvollziehern zu führen sein. Der Verordnungsgeber sieht nicht, dass er mit dem Formular dem Gläubiger die Möglichkeit geben muss (!) seine Vollstreckungsmöglichkeiten nach der ZPO auszuschöpfen, und nicht berechtigt ist, diese Möglichkeiten zu beschränken. Der Gläubiger muss eine Lösung für die im Formular nicht oder nicht erschöpfend vorgesehenen Vollstreckungsoptionen finden und wird sich sicher Gerichtsvollziehern gegenübersehen, die dies beanstanden werden, so dass es erst Erinnerungsverfahren zur Klärung der Streitfragen bedarf. Die Belastung aller Beteiligten wäre vermeidbar, wenn der Verordnungsgeber erkennt, dass ein Formular erst dann sinnvoll ist, wenn eine elektronische Antragstellung in Betracht kommt.

Ihr Vorteil

FoVo wird über den weiteren Gang des Verfahrens berichten und nach Vorlage der endgültigen Fassung und der Zustimmung des Bundesrates das Formular mit den notwendigen Ausfüll- und Ergänzungshilfen veröffentlichen.

Autor: Von RiOLG Frank-Michael Goebel

FoVo 2/2014, S. 23 - 24

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