Das Entstehen und die Erstattungsfähigkeit der Vollstreckungsgebühr nach Nr. 3309 VV RVG macht in der Praxis noch immer Probleme.

Was der BGH entschieden hat

Der BGH hat am 5.3.2020 (I ZB 50/19, FoVo 2021, 16) entschieden, dass die Kosten des gemeinsam mit dem Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO gestellten (bedingten) Antrags auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO keine notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.d. §§ 788 Abs. 1 S. 1, 91 ZPO sind. Dieser – verkürzende – Leitsatz wird in der Praxis von den Gerichtsvollziehern und Rechtspflegern nicht selten missverstanden.

Auf den notwendigen Auftrag kommt es an

Es ging in dem Fall nämlich darum, dass der bevollmächtigte Rechtsanwalt des antragstellenden Gläubigers die Gebühr für den Antrag auf Einholung der Drittauskünfte beanspruchte, obwohl der Antrag nur für den Fall gestellt wurde, dass der Schuldner die Vermögensauskunft nicht abgibt. Der Antrag war also bedingt. Da der Schuldner im Fall des BGH die Vermögensauskunft aber abgegeben hatte, kam es nicht zur Einholung der Drittauskünfte. Aufgrund der nicht eingetretenen Bedingung für den Auftrag fehlte es schlicht an einer Grundlage für den Anfall und die Erstattungsfähigkeit der Norm.

Trotzdem wird bei bedingten Aufträgen nach Einholung der Drittauskünfte die 0,3-Vollstreckungsgebühr nach Nr. 3309 VV RVG nicht selten – zu Unrecht – beanstandet.

Die Musterformulierung

Auf die Monierung kann wie folgt geantwortet werden, wenn der Antrag auf Einholung der Drittauskunft bedingt gestellt wurde und die Drittauskünfte dann aufgrund des Bedingungseintritts tatsächlich eingeholt wurden.

 

Musterformulierung

Amtsgericht – Vollstreckungsgericht – per eBO

In der Zwangsvollstreckungssache

Gläubiger ./. Schuldner

Aktenzeichen

nehmen wir Bezug auf die Monierung vom … und teilen dazu mit, dass der Vollstreckungsantrag nicht geändert wird.

Mit der Monierung wird die Auffassung vertreten, es sei höchstrichterlich geklärt, dass die Inkassovergütung für den Antrag auf Einholung der Drittauskünfte nicht zu berücksichtigen sei, weil der Antrag auf Einholung der Drittauskünfte (§ 802l ZPO) gemeinsam mit dem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft (§ 802c ZPO) gestellt worden sei.

Diese Monierung verkennt die Rechtslage im vorliegenden Fall. Im Fall der einschlägigen BGH-Entscheidung vom 5.3.2020 (I ZB 50/19) hatte der Rechtsanwalt den Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO und gleichzeitig den Antrag auf Abnahme der Drittauskünfte nach § 802l ZPO gestellt. Darauf hat der Gerichtsvollzieher Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft gestellt. Insoweit deckt sich der Sachverhalt mit dem hier zu betrachtenden Fall. In der vom BGH entschiedenen Konstellation hat der Schuldner dann aber die komplette Forderung mit Ausnahme der Vergütung (Gebühr und Auslage) der tatsächlich nicht eingeholten Drittauskünfte gezahlt. Der Rechtsanwalt erstrebte gleichwohl die Erstattung einer Vergütung allein aufgrund des Antrags zur Einholung der Drittauskünfte. Diesen Anspruch hat der BGH verneint. Im vorliegenden Fall hat der Schuldner auf die Ladung zur Abnahme der Vermögensauskunft aber gar nicht reagiert und diese dann auch nicht abgegeben, sodass die Voraussetzungen für die Einholung der Drittauskünfte vorlagen und diese auch tatsächlich eingeholt wurden. Der BGH hat dies höchstrichterlich bestätigt (BGH v. 18.7.2019 – I ZB 104/18 Rn 19, juris; vgl. auch Forbinger, in: MüKo-ZPO, 6. Aufl. 2020, § 802l ZPO Rn 41; Sternal, in: Kindl/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl. 2021, § 802l Rn 31 ff.; Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 802l Rn 15). Im Fall des BGH v. 18.7.2019 war – wie hier – der Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft und auf Einholung der Drittauskünfte gestellt. Der BGH hat den Gerichtsvollzieher explizit angewiesen, die Kosten der Drittauskunft mit einzuziehen. Es handelt sich in beiden Fällen um den gleichen Senat des BGH, der entschieden hat, sodass die beiden Fälle nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu unterscheiden sind.

Nichts anderes ergibt sich aus der Fundstelle bei Zöller/Geimer, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 788 Rn 13.23, da auch dort lediglich auf die vorbenannte BGH-Entscheidung Bezug genommen wird, ohne die zu differenzierende Fallgestaltung zu behandeln. Zu dem hier vorliegenden Fall wird unter der angegebenen Fundstelle nichts ausgeführt. Zu der hier tatsächlich vorliegenden Fallkonstellation wird die Erstattungsfähigkeit sogar bestätigt, vgl. Zöller/Seibel, ZPO, 34. Aufl., § 802l Rn 17).

Es liegen also zwei völlig unterschiedliche Fallkonstellationen vor. Hier wird die Vergütung nicht für eine beauftragte, aber nicht durchgeführte Vollstreckungsmaßnahme, sondern für eine beauftragte und tatsächlich durchgeführte Maßnahme beantragt. Für diesen Fall wird weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten, dass die Gebühr (und die hierauf entfallenden Auslagen) nicht notwendig und damit nicht erstattungsfähig sei. Es wird insoweit um nochmalig...

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