Das Vollstreckungsgericht unterscheidet zunächst nicht zwischen dem Erkenntnisverfahren und dem Vollstreckungsverfahren und sodann nicht zwischen den Anspruchsinhabern.

Zunächst ist zu sehen, dass der Anspruch hier nicht für die GbR tituliert wurde, sondern für vier einzelne natürliche Personen. Ob es sich um eine Gemeinschaftspraxis handelt und diese in Form einer GbR geführt wird, lässt sich dem Vollstreckungsbescheid nicht entnehmen und ist im Vollstreckungsverfahren auch nicht zu prüfen. Es könnte auch eine Praxisgemeinschaft sein, die gerade keine GbR darstellen muss (vgl. Schöne, in: BeckOK-BGB, 59. Ed. v. 1.5.2021, § 705 Rn 182). Ob es im Titulierungsverfahren genügt hätte, einen Titel für eine – wenn denn überhaupt bestehende – GbR zu erwirken und für eine Titulierung zugunsten der Gesellschafter der GbR ein Rechtsschutzbedürfnis zu verweigern, kann dahinstehen, wenn ein anderslautender Titel vorliegt.
 

Hinweis

Die GbR ist bisher jedenfalls nur ein loser Zusammenschluss verschiedener Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Die lose Verbindung lässt auch eine schnelle Auflösung sowie die Aufnahme und das Ausscheiden von Gesellschaftern zu. In diesem Kontext besteht ein Rechtsschutzbedürfnis auf Titulierung einer Forderung zugunsten der Gesellschaft wie der Gesellschafter, da die Forderung so (zu-)teilbar bleibt.

Im Vollstreckungstitel steht keine GbR

Vorliegend ist der Anspruch für vier Gläubiger tituliert. Diese sind damit – wie immer im Zweifel – Gesamtgläubiger i.S.d. § 428 BGB. Wesentliches Merkmal für die Gesamtgläubigerschaft ist, dass jeder Gläubiger in vollem Umfang forderungsberechtigt ist (vgl. Kreße, in: BeckOGK, Stand 1.9.2021, § 428 Rn 6). Nach §§ 750, 794 Abs. 1 Nr. 4, 795 ZPO wiederum wird die Vollstreckung für und gegen die im Vollstreckungsbescheid genannten Personen betrieben. Dies sind die vier Ärzte und keine GbR.

Zitierte Rechtsprechung ist nicht einschlägig

Die von dem AG in der Leseranfrage herangezogene Rechtsprechung ist nicht einschlägig bzw. es liegt jeweils ein abweichender Fall vor.

Ausweislich der Sachverhaltsdarstellung in der Entscheidung des AG Schwabach vom 17.3.2005 (2 M 969/05, DGVZ 2005, 79) wurde ausdrücklich ein Auftrag für "Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis in Form einer GbR" erteilt. Ausweislich des hier geschilderten Sachverhalts wurde aber eben gerade kein Antrag in dieser Weise gestellt, sondern ein Antrag für die einzelnen Gläubiger.
Die Entscheidung des BSG vom 24.10.2004 (B 6 KA 15/04 R, GesR 2005, 229, = ZMGR 2005, 107) betraf ein Hauptsacheverfahren und nicht – wie hier – ein Zwangsvollstreckungsverfahren. Gegenstand war ein Widerspruchsverfahren gegen einen Bescheid einer Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) wegen der Zuordnung einer Gemeinschaftspraxis zu einer bestimmten Arztgruppe. Auch in diesem Fall hat also die Gesellschaft aktiv agiert. Im vorliegenden Fall wurde die Inkassodienstleisterin aber von vier einzelnen Ärzten selbstständig beauftragt.
Nicht anders verhält es sich bei der Entscheidung des OLG Köln v. 7.12.2005 (17 W 263/05, AGS 2007, 277). Das Verfahren betrifft ein Kostenfestsetzungsverfahren zu einem Hauptsacheverfahren und kein Zwangsvollstreckungsverfahren. Hier hat das OLG gerade keine Anspruchsgeltendmachung für die einzelnen Ärzte, sondern aufgrund der Antragstellung im Hauptsacheverfahren explizit eine solche für die Gesellschaft angenommen. An einer solchen Antragstellung fehlt es vorliegend aber.
In den Entscheidungen des SG Dortmund vom 21.6.1994 (S 9 Ka 128/92, JurBüro 1995, 586) und vom 27.5.1993 (S 22 Ka 248/92, JurBüro 1994, 731) wurden jeweils explizit Gemeinschaftspraxen vertreten und auf dieser Grundlage entschieden. Es bedarf kaum mehr der Erwähnung, dass es sich jeweils um Nebenverfahren zur Hauptsache und nicht um Zwangsvollstreckungsverfahren gehandelt hat.
 

Hinweis

Es spricht viel dafür, dass der Rechtspfleger beim Vollstreckungsgericht nur "querzitiert" hat (vgl. zu den Fundstellen Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, Nr. 1008 Rn 59), weil die Entscheidungen in den einschlägigen Datenbanken nicht alle im Volltext veröffentlicht sind, sondern man die Printausgaben der Zeitschriften heranziehen muss. Dabei hat er aber die Unterschiede in den Verfahrensarten und den Fallgestaltungen nicht beachtet. In der Kommentierung von Müller-Rabe wird nämlich explizit darauf Bezug genommen, dass die BGB-Gesellschafter auch Auftraggeber sind (vgl. a.a.O. Rn 65). Daran fehlt es hier.

Mehrere Gläubiger sind nicht automatisch eine GbR

Sind im Vollstreckungstitel mehrere Gläubiger aufgeführt, erfolgt die Vollstreckung für diese. Für die GbR kann die Vollstreckung schon deshalb nicht erfolgen, weil sie im Vollstreckungstitel als selbstständige Rechtspersönlichkeit gar nicht genannt ist. Das hat der BGH schon explizit für den Fall entschieden, dass der Vollstreckungstitel von den einzelnen Wohnungseigentümern erwirkt wurde, nicht aber von der Wohnungseigentümergemeinschaft als solcher.

BGH hat klar Stel...

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