Sperrfrist vs. Veränderungen

Ein Schuldner, der die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO oder nach § 284 AO innerhalb der letzten zwei Jahre abgegeben hat, ist zur erneuten Abgabe nach § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO nur verpflichtet, wenn ein Gläubiger Tatsachen glaubhaft macht, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen.

 

Hinweis

Für den Gläubiger misslich ergibt sich aus dem Schuldnerverzeichnis nicht mehr, wann der Schuldner tatsächlich die Vermögensauskunft abgegeben hat. Es ist nach § 882b ZPO vielmehr nur das Eintragungsdatum zu ersehen. Unter Berücksichtigung der Eintragungsgründe kann daraus nur auf das Abgabedatum geschlossen werden. Hat der Gläubiger die Vermögensauskunft nicht selbst abnehmen lassen, was ihm Kenntnis vom Abgabezeitpunkt verschafft, kann demnach nur der Gerichtsvollzieher das konkrete Datum ermitteln, weil er über das zentrale Vollstreckungsgericht Zugriff auf die bereits abgegebene Vermögensauskunft hat. Der Schuldner sollte deshalb im Informationsaustausch stets nach dem Abgabedatum gefragt werden.

Vorschrift mit der Reform der Sachaufklärung geändert

§ 802d ZPO hat mit der Reform der Sachaufklärung die bisherige Regelung in § 903 ZPO a.F. abgelöst. Dabei wurden zugleich die Voraussetzungen der vorzeitigen Abgabe der erneuten Vermögensauskunft geändert. Nach § 903 ZPO a.F. waren die Voraussetzungen für die vorzeitige erneute Abgabe der Vermögensauskunft erst gegeben, "wenn glaubhaft gemacht wurde, dass der Schuldner später Vermögen erworben hat oder dass ein bisher bestehendes Arbeitsverhältnis mit dem Schuldner aufgelöst" wurde.

Die heutige Fassung ist also deutlich abgemildert, weil nicht der Vermögenserwerb als solcher glaubhaft zu machen ist – dann könnte auch sogleich gehandelt werden –, sondern nur Indizien für veränderte Vermögensverhältnisse.

 

Hinweis

Was bleibt: Die veränderten Umstände müssen den vorzeitigen Erwerb von zugriffsfähigem Vermögen nicht ausgeschlossen erscheinen lassen, während er nach der alten Fassung noch überwiegend wahrscheinlich sein musste.

Zunächst einmal muss der Gläubiger Kenntnis von der Heirat erhalten. Das kann sich aus unterschiedlichen Informationsquellen ergeben:

Aus dem Schriftverkehr mit dem Schuldner, wenn etwa der Name gewechselt wurde oder der Schuldner die Heirat anführt, um zu begründen, dass er nun mehr Personen versorgen muss.
Aus der erweiterten Melderegisterauskunft nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 Bundesmeldegesetz (BMG), wonach der Familienstand mitgeteilt wird. Nach § 45 Abs. 1 Nr. 8 BMG wird auch der Vorname und die Anschrift des Ehegatten oder Lebenspartners mitgeteilt.
Über §§ 61, 62 Abs. 1 S. 2 Personenstandsgesetz kann ebenso der Familienstand bei den Standesämtern in Erfahrung gebracht werden.
Wie fast immer kann auch die Internetrecherche hilfreich sein.

Heirat als Vermögensquelle?

Stellt sich die Frage, ob allein die Heirat auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse schließen lässt. Wäre dies der Fall, kann sich der Gläubiger darauf beschränken, die Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen – die Heirat – glaubhaft zu machen (MüKo-ZPO/Wagner, 5. Aufl., ZPO § 294 Rn 5).

 

Hinweis

Der Zweck des § 802d ZPO gebietet es nach einer aktuellen Entscheidung des LG Karlsruhe (13.6.2019 – 3 T 126/18), den unbestimmten Rechtsbegriff "wesentliche Veränderung" nicht nur im Hinblick auf die Lebenssituation des Schuldners zu konkretisieren, sondern auch und vor allem im Hinblick auf die Situation der Zwangsvollstreckung und auf das Interesse des Gläubigers, vollstreckungsrelevante Informationen zu erhalten. Daher ist das Adjektiv "wesentlich" als "vollstreckungswesentlich" zu deuten (BeckOK-ZPO/Fleck, 32. Ed. (1.3.2019), § 802d Rn 5). Damit werden alle Fallgestaltungen erfasst, in denen Anhaltspunkte bestehen, dass sich das Vermögen bzw. die Vermögensverhältnisse des Schuldners – binnen der Sperrfrist – geändert haben. Praktisch relevant ist vor allem der Fall, dass sich das Vermögen des Schuldners vermehrt hat (Harnacke, DGVZ 2012, 197 (202)).

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