Schadensersatzanspruch ist begründet

Die Klägerin hat nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz wegen nicht rechtzeitiger Abgabe der Drittschuldnererklärung.

Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten (§ 829 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO). Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen (§ 835 Abs. 1 ZPO). Die Klägerin hat einen solchen PfÜB beim Vollstreckungsgericht erwirkt.

Ordnungsgemäße Zustellung des PfÜB

Nach § 829 Abs. 1 S. 1 ZPO hat der Gläubiger den Pfändungsbeschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen (§ 829 Abs. 3 ZPO). Wird die Person, der zugestellt werden soll, in dem Geschäftsraum nicht angetroffen, kann das Schriftstück in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person zugestellt werden (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Geschäftsraum ist regelmäßig derjenige Raum, in dem sich der Publikumsverkehr abspielt und zu dem der mit der Ausführung der Zustellung beauftragte Bedienstete Zutritt hat, wenn er das Schriftstück abgibt (BT-Drucks 14/4554, S. 20). Aus dem Umstand, dass der Geschäftsinhaber dem Beschäftigten das Geschäftslokal überlässt, ist zu schließen, dass der Geschäftsinhaber dem Beschäftigten auch das für Zustellungen notwendige Vertrauen entgegenbringt (BT-Drucks 14/4554, S. 20). Ob der Mitarbeiter entgeltlich oder unentgeltlich (z.B. mithelfender Familienangehöriger) tätig wird, ist unerheblich (Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 178 Rn 18). Keine Beschäftigten in diesem Sinne sind jedoch Personen, die sich nur zufällig im Geschäftsraum aufhalten, wie z.B. Monteure oder Außendienstmitarbeiter (OLGR Hamburg 2008, 264).

Zustellungsurkunde als Nachweis

Zum Nachweis der Zustellung ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen (§ 182 Abs. 1 S. 1 ZPO). Für diese Zustellungsurkunde gilt § 418 ZPO (§ 182 Abs. 1 S. 2 ZPO). Die Zustellungsurkunde begründet vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen; der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig (§ 418 Abs. 1 und 2 ZPO).

Gegenbeweis muss der Empfänger führen

Für den Beweis der Unrichtigkeit genügt es nicht, wenn der Adressat der Zustellung schlicht behauptet, das Schriftstück nicht erhalten zu haben. Für den Gegenbeweis ist es vielmehr erforderlich, einen anderen als den beurkundeten Geschehensablauf zu beweisen und somit ein Fehlverhalten des Zustellers und eine objektive Falschbeurkundung zu belegen. Notwendig ist der volle Beweis in der Weise, dass die Beweiswirkung der Zustellungsurkunde vollständig entkräftet und jede Möglichkeit der Richtigkeit der in ihr niedergelegten Tatsachen ausgeschlossen ist (BGH NJW 2006, 150; BFH GmbHR 2015, 776). Einen solchen Gegenbeweis hat der Drittschuldner nicht geführt.

Erklärungsobliegenheit wurde nicht erfüllt

Der Drittschuldner hat gemäß § 840 Abs. 1 ZPO binnen zwei Wochen, von der Zustellung des PfÜB an gerechnet, dem Gläubiger die Erklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO abzugeben. Die Aufforderung zur Abgabe dieser Erklärungen muss dafür – wie hier – in die Zustellungsurkunde aufgenommen werden (§ 840 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Diese Verpflichtung hat der Drittschuldner selbst nach zwei nochmaligen schriftlichen Aufforderungen nicht erfüllt. Dadurch sind der Beklagten Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 2.738,45 entstanden.

Unerheblich: tatsächliche Beschäftigung des Schuldners

Die Auskunftspflicht nach § 840 Abs. 1 ZPO hängt nicht davon ab, ob dem Hauptschuldner die gepfändeten Forderungen tatsächlich zustehen. Die Auskunftspflicht besteht auch dann, wenn die Pfändung ins Leere geht (OLG Schleswig NJW-RR 1990, 448; LG Mönchengladbach JurBüro 2009, 273; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 840 Rn 2). Das Vollstreckungsgericht prüft bei der Pfändung nicht, ob die gepfändete Forderung tatsächlich besteht. Gegenstand der Pfändung ist nur eine "angebliche" Forderung. Der Auskunftsanspruch bezweckt, dem Gläubiger so schnell wie möglich Klarheit über seine Befriedigungsaussichten zu verschaffen. Dazu muss er insbesondere wissen, ob dem Schuldner gegenüber dem Drittschuldner überhaupt ein der Pfändung unterliegender Anspruch zusteht. Gerade deshalb hat der Gesetzgeber die Frage nach dem Ob in den Katalog der zu erteilenden Auskünfte aufgenommen. Der Drittschuldner hat zunächst zu erklären, ob er die Forderung als begründet anerkennt. Unterlässt der Drittschuldner die nach § 840 Abs. 1 ZPO geforderten Angaben, so kann der Gläubiger von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruchs ausgehen und diesen einklagen (BGH NJW-RR 2006, 1566). Eine weitere – zusätzliche Kosten auslösende – Aufforderung des Gläubigers ist nicht erforderlich, weshalb die hiermit gg...

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