Leitsatz

Erhält der Schuldner eine Abfindung, so ist ihm lediglich der Betrag pfandfrei zu belassen, der während eines angemessenen Zeitraums für seinen notwendigen Unterhalt und den der übrigen unterhaltsberechtigten Personen ausreicht.

AG Dortmund, 21.7.2016 – 238 M 48/09

1 I. Der Fall

Arbeitseinkommen gepfändet – Abfindung gezahlt

Vier Gläubiger haben im Wege der Zwangsvollstreckung auf das Arbeitseinkommen des Schuldners zugegriffen. Als das Arbeitsverhältnis aufgrund gesundheitlicher Probleme des Schuldners aufgelöst wird, erhält dieser eine Abfindung in Höhe von 15.000 EUR brutto (ca. 13.000 EUR netto). Der Schuldner erzielte ansonsten ein regelmäßiges monatliches Nettoeinkommen von 2.433,77 EUR.

Unterhaltsberechtigte Personen

Hiervon bestreitet er den Lebensunterhalt von sieben unterhaltsberechtigten Personen. Drei weitere behördlich untergebrachte Kinder erhalten weder freiwillige Unterhaltszahlungen, noch wurde wegen deren Unterhaltsanspruch bisher vollstreckt. Der Schuldner möchte die genannte Abfindung pfändungsfrei gestellt sehen. Dem hat das AG in Höhe von 7.398,96 EUR entsprochen.

2 II. Die Entscheidung

Die gesetzlichen Grundlagen nach dem AG …

Dem Schuldner ist der Betrag pfandfrei zu belassen, der während eines angemessenen Zeitraums für seinen notwendigen Unterhalt und den der übrigen Unterhaltsberechtigten ausreicht (Zöller-Stöber, 28. Aufl., § 850i Rn 2). Es ist ihm jedoch nicht mehr zu belassen, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Arbeitseinkommen aus laufendem Arbeitslohn bestände.

… und dessen Berechnung

Der unpfändbare Betrag ergibt sich durch folgende Berechnung: Bei vier unterhaltsberechtigten Personen sind bei einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.433,77 EUR gemäß § 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO 55,29 EUR pfändbar. Demnach verbleibt ein monatlicher Nettolohn in Höhe von 2.378,48 EUR. Der Schuldner erhält Arbeitslosengeld I, welches nicht auf die Abfindung anzurechnen ist, in Höhe von 1.761,90 EUR für den Zeitraum vom 18.3.2016 bis zum 16.3.2017. Verglichen mit dem Nettoarbeitseinkommen ergibt sich monatlich eine Differenz in Höhe von 616,58 EUR. Jährlich ergibt sich somit ein Betrag in Höhe von 7.398,96 EUR. Es ist ein Zeitraum von einem Jahr zugrunde gelegt, da dem Schuldner auch aufgrund seiner Erkrankung nicht weniger Zeit als ein Jahr zuzumuten ist, um eine neue Arbeitsstelle zu finden.

Die Gläubiger wehren sich teilweise

Die Gläubiger sind angehört worden. Ein Gläubiger hat die Zurückweisung des Antrags beantragt, da der Schuldner Arbeitslosengeld I beziehe und somit nicht auf die Verwendung der Abfindungszahlungen zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts angewiesen sei.

Das Arbeitslosengeld in Höhe von 1.761,90 EUR reicht jedoch nicht zur Erfüllung der Unterhaltspflichten für die drei Kinder sowie die Ehefrau, die im Haushalt des Schuldners leben, aus. Der Schuldnervertreter hat hierzu einen Gesamtbedarf für den Haushalt des Schuldners in Höhe von 2.775,26 EUR angegeben und nachgewiesen. Überwiegende Belange der Gläubiger stehen dieser Anordnung nicht entgegen. Es war daher wie geschehen zu entscheiden.

3 Der Praxistipp

Die maßgeblichen rechtlichen Regelungen

Werden nicht wiederkehrende bezahlbare Vergütungen für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste oder sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, gepfändet, so hat das Gericht dem Schuldner nach § 850i Abs. 1 ZPO auf Antrag während eines angemessenen Zeitraums so viel zu belassen, wie nach freier Schätzung des Gerichtes verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde. Bei der Ermessensentscheidung sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, insbesondere seine sonstigen Verdienstmöglichkeiten, frei zu würdigen. Abzulehnen ist der Antrag, wenn überwiegende Belange des Gläubigers entgegenstehen.

Abfindungen pfänden

Das Gericht stellt nicht positiv fest, dass der Anspruch auf eine Abfindung von den vier Gläubigern tatsächlich gepfändet wurde. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass eine Abfindung nicht für die Arbeitsleistung gezahlt wird, sondern als Ausgleich für eine gütliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Deshalb wird sie von der Pfändung des Arbeitseinkommens nach § 850 ZPO schon dem Wortlaut nach nicht erfasst. Der Gläubiger muss die Abfindung deshalb im PfÜB gesondert erwähnen.

Gläubiger muss Nichtberücksichtigung geltend machen

Das Gericht muss dann ermitteln, welcher pfändungsfreie Betrag dem Schuldner in Anwendung der Tabelle zu § 850c ZPO in Abhängigkeit von der Zahl der unterhaltsberechtigten Personen zusteht. Der Schuldner ist zwar sieben Personen gegenüber unterhaltsverpflichtet gewesen. Da er aber drei Kindern tatsächlich keinen Unterhalt leistet, waren diese nicht zu berücksichtigen. Ungeachtet dessen wären auch höchstens fünf Personen zu berücksichtigen gewesen.

 

Hinweis

Hinsichtlich der verbliebenen Personen obliegt es dem Gläubiger, geltend zu machen, dass diese über eigenes Einkommen verfügen und deshalb bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen sind. Der konkrete Fall gab dazu allerd...

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