Leitsatz

Eine weitere vollstreckbare Ausfertigung eines Kindesunterhaltstitels, den ein Elternteil in Verfahrensstandschaft erwirkt hat, kann nur diesem Elternteil und nicht dem Kind erteilt werden. Möchte das Kind die Vollstreckung aus dem Titel betreiben, muss es diesen zunächst gemäß §§ 120 FamFG, 727, 731 ZPO auf sich umschreiben lassen.

OLG Koblenz, 4.2.2014 – 13 WF 83/14

1 I. Der Fall

Titulierung von Kindesunterhalt

Mit rechtskräftigem Urteil wurde der Antragsgegner verpflichtet, für die damals minderjährige Antragstellerin zu Händen der seinerzeit als Klägerin auftretenden Kindesmutter ab Januar 2004 Kindesunterhalt zu zahlen. Nach der Scheidung der Ehe der Kindeseltern erstritt der Antragsgegner gegen die Antragstellerin ein rechtskräftiges Urteil, in welchem die Zwangsvollstreckung aus dem erstgenannten Urteil mit Wirkung ab Februar 2005 für unzulässig erklärt wurde. Des Weiteren wurde das erstgenannte Urteil dahin abgeändert, dass der hiesige Antragsgegner nicht mehr verpflichtet war, den Kindesunterhalt für die hiesige Antragstellerin zu Händen der Kindesmutter zu zahlen.

Vollstreckung von Unterhaltsrückständen

Die zwischenzeitlich volljährige Antragstellerin beantragt nun die Erteilung einer vollstreckbaren Zweitausfertigung des ersten Urteils mit der Begründung, dass die seinerzeit erteilte vollstreckbare Ausfertigung aufgrund des zweiten Urteils an den damaligen Prozessbevollmächtigten des hiesigen Antragsgegners übermittelt worden sei, dieser seine Anwaltszulassung zurückgegeben habe und nicht auffindbar sei, jedoch noch Unterhaltsrückstände für den Zeitraum vor Februar 2005 bestünden.

Keine weitere vollstreckbare Ausfertigung

Das AG hat den Antrag auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung des ersten Urteils mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Forderung erledigt und die vollstreckbare Ausfertigung der Gegenseite ausgehändigt worden sei. Ein Anspruch könne daher nicht mehr geltend gemacht werden. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie geltend macht, dass eine vollständige Erledigung des Unterhaltsanspruchs aufgrund der noch offenen Rückstände nicht vorliege.

2 II. Die Entscheidung

Richtiges Ergebnis, aber falsche Begründung

Die Rechtspflegerin hat die beantragte weitere vollstreckbare Ausfertigung des Urteils vom 26.11.2004 (Az. 5 F 198/04 – Amtsgericht Lahnstein) im Ergebnis zu Recht, wenngleich nicht mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Der Antrag ist bereits unzulässig.

Wer ist Titelgläubiger?

Nicht die Antragstellerin ist als Gläubigerin in dem Vollstreckungstitel genannt, sondern ihre Mutter. Damit kann der Antragstellerin grundsätzlich keine vollstreckbare Ausfertigung dieses Titels erteilt werden. Denn antragsberechtigt ist – sei es für eine erste oder auch für eine weitere vollstreckbare Ausfertigung – zunächst nur derjenige, der in dem Titel als berechtigte Partei angegeben ist, nicht aber ein Dritter. Berechtigt in diesem Sinne aus dem Urteil ist allein die Mutter der Antragstellerin. Daran ändert nichts, dass der Unterhalt ausweislich des Tenors "für" die Antragstellerin zu zahlen ist, denn auch danach ist er "zu Händen" der Kindesmutter zu leisten. Anderes folgt auch nicht daraus, dass das erste Urteil 2005 dahin abgeändert wurde, dass der Kindesunterhalt bis einschließlich Januar 2005 nicht mehr zu Händen der Kindesmutter zu zahlen ist. Denn damit ergibt sich allein aus dem Urteilstenor nicht in vollstreckbarer Weise, an wen er nunmehr zu zahlen ist.

Der richtige Weg: § 727 ZPO

Um aus dem ersten Urteil vollstrecken zu können, muss die Antragstellerin hier somit eine vollstreckbare Ausfertigung für sich als Rechtsnachfolgerin (§ 727 ZPO) beantragen (vgl. OLG Hamm FamRZ 2000, 1590). Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine weitere vollstreckbare Ausfertigung i.S. des § 733 ZPO. Ob ein solcher Antrag zusätzlich voraussetzt, dass zugleich der auf den Rechtsvorgänger lautende vollstreckbare Titel zurückgegeben oder aber dargetan wird, dass die ihm erteilte vollstreckbare Ausfertigung – bspw. infolge Verlusts – nicht mehr zur Vollstreckung verwendet werden kann (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1988, 512) oder der Schuldner nur nach § 733 Abs. 2, 3 ZPO zu schützen ist (vgl. OLG Hamm FamRZ 1991, 965 und OLG Stuttgart NJW-RR 1990, 126), kann hier dahinstehen. Denn einen Antrag nach § 727 ZPO hat die Antragstellerin (bislang) nicht gestellt.

3 Der Praxistipp

Ausgangspunkt: § 750 ZPO

Das OLG sieht richtig, dass § 750 ZPO Ausgangspunkt für die Zulässigkeit des Beginns der Zwangsvollstreckung ist. Danach darf die Vollstreckung nur für und gegen die im Titel genannten Gläubiger und Schuldner beginnen. Gläubiger ist, wer im Titel als solcher genannt ist und den titulierten Anspruch als Partei des Hauptsacheverfahrens fordern kann. Im Fall – wie hier – der gesetzlichen oder der gewillkürten Prozessstandschaft ist damit der Prozessstandschafter und nicht der materiell-rechtlich Berechtigte Gläubiger des titulierten Anspruchs. Es kommt also auf die namentliche Bezeichnung der anspruchsberechtigten Part...

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