Reichweite der Entscheidung

Die Entscheidung des BGH gilt nicht nur im Rahmen der Insolvenz. Vielmehr betreffen die Ausführungen in erster Linie § 850e ZPO in der Einzelzwangsvollstreckung. Die danach heranzuziehenden Grundsätze finden dann auch im Insolvenzverfahren Anwendung. In diesem Sinne wirkt die Entscheidung auf die Einzelzwangsvollstreckung zurück. Sie verdient nicht nur wegen der gläubigerfreundlichen analogen Anwendung von § 850e ZPO Beachtung. Sie zeigt vielmehr eine für den Gläubiger maßgebliche moderne Entwicklung in zwei Richtungen auf:

Zum einen wird die Altersversorge schon seit Jahren nicht mehr allein aus einer gesetzlichen Rentenversicherung gespeist. Vielmehr sieht sich der Gläubiger einer Kombination von gesetzlicher Rente, Riester- oder Rürup-Rente und betrieblicher Altersvorsorge gegenüber, die jeweils für sich die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO nicht übersteigen. Ein pfändbarer Betrag ergibt sich also nur, wenn einerseits alle Renten gepfändet, andererseits die Renten nachfolgend zusammengerechnet werden. Die Problematik kann sich noch verstärken, wenn durch eine Scheidung weitere Renten aus privaten Rentenversicherungen, staatlichen Pensionen oder ähnlichen Anspruchsverhältnissen hinzukommen.
Zum anderen ist die Welt mobiler, Europa auf dem Arbeitsmarkt offener und weniger abgegrenzt. Nicht nur, aber gerade auch in den Grenzregionen ist es nicht ausgeschlossen, dass im Rahmen eines langen Erwerbslebens in mehreren Mitgliedsstaaten der EU Rentenansprüche erworben werden. Auch ist unter Ausnutzung der BGH-Entscheidung die Summe der Renten Grundlage der Aussicht des Gläubigers auf Befriedigung seiner Ansprüche.

Informationsmanagement

Grundlage für den Pfändungszugriff ist das Informationsmanagement. Gibt der Schuldner nicht freiwillig Auskunft – etwa auch im Rahmen einer Befragung durch einen Außendienst oder den Gerichtsvollzieher nach § 806a ZPO – kommt die zwangsweise Informationsermittlung durch die Abnahme der Vermögensauskunft nach § 802c oder d ZPO oder auch die Vermögensauskunft des Trägers der Rentenversicherung nach § 802l ZPO unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen in Betracht. Der Gläubiger muss in diesem Rahmen nach allen Formen von Rentenversicherungsansprüchen fragen. Das amtliche ­Formular sieht dabei auch die Frage nach ausländischen Renten vor, was aber leicht übersehen und übergangen wird. Liegen besondere Anhaltspunkte vor, die eine ausländische Rente nahelegen, sollte der Gerichtsvollzieher darauf gesondert hingewiesen und um Nachfrage gebeten werden.

FoVo 12/2014, S. 230 - 234

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge