Das akzeptiert das LG nicht

Die Ablehnung des GV, Drittauskünfte gemäß § 802l ZPO einzuholen, weil die Schuldnerin eine Vermögensauskunft abgegeben und deren Inhalt an Eides statt versichert hat und keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit und Unvollständigkeit dieser Auskunft vorliegen, entspricht nicht der geltenden Gesetzeslage. § 802l Abs. 1 Satz 1 ZPO sieht ausdrücklich vor, dass der GV die entsprechenden Auskünfte bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, dem Bundeszentralamt für Steuern und dem Kraftfahrt-Bundesamt einholen darf, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt oder wenn bei der Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist. Eine Einschränkung dieser Vorschrift dahingehend, dass bei Vorliegen einer Vermögensauskunft des Schuldners für das Einholen der Drittauskünfte Anhaltspunkte dafür vorliegen müssen, dass die vom Schuldner abgegebene Vermögensauskunft unrichtig oder unvollständig ist, lassen sich weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung entnehmen.

Zweck des neuen Auskunftsrechts

§ 802l ZPO wurde mit dem Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung vom 29.7.2009 (BGBl I, S. 2258) eingeführt und trat mit Wirkung zum 1.1.2013 in Kraft. Bereits in der Vorbemerkung zur Gesetzesbegründung werden als Unzulänglichkeiten der bisherigen – auf den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen des 19. Jahrhunderts fu­ßenden – gesetzlichen Regelungen die begrenzten Möglichkeiten der Informationsgewinnung für den Gläubiger und insbesondere deren Beschränkung auf die Eigen­angaben des Schuldners bezeichnet (vgl. BT-Drucks 16/13432, S. 1). Mit der Möglichkeit, in diesen Fällen Fremdauskünfte durch den GV einholen zu lassen, soll diesem Informationsdefizit bei der Durchsetzung von Forderungen Rechnung getragen und dem Gläubiger im Interesse der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Zwangsvollstreckung der Zugang zu besseren Informationen über mögliche Vollstreckungsobjekte des Schuldners (Sachaufklärung) gewährleistet werden (vgl. BT-Drucks 16/13432, a.a.O., S. 40).

Gläubiger nicht überfordern

Diesem Zweck widerspräche es offensichtlich, wenn nunmehr bei Vorliegen einer Vermögensauskunft der Gläubiger Anhaltspunkte dafür vortragen und glaubhaft machen müsste, dass die vom Schuldner abgegebene Vermögensauskunft unrichtig oder unvollständig ist. Über derartige Informationen verfügt der Gläubiger in der Regel nicht. Er wird sie im Gegensatz zu staatlichen Stellen auch nicht ohne weiteres erlangen können. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist es ferner nicht erwünscht, dass der Gläubiger insoweit eigene Nachforschungen zur Richtigkeit oder Vollständigkeit der Vermögensauskunft des Schuldners anstellt. Vielmehr soll durch die Auskunftsmöglichkeiten des GV als einer staatlichen Stelle und der Einführung eines justizförmigen Verfahrens, das dem Justizgewährleistungsanspruch gerecht wird, eine etwaige Selbsthilfe des Gläubigers obsolet werden (vgl. BT-Drucks 16/13432, a.a.O., S. 40 f.).

Kein entgegenstehendes Verfassungsrecht des Schuldners

Vor dem Hintergrund dieses eindeutigen Willens des Gesetzgebers zwingt auch das Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung nicht zu einer einschränkenden Auslegung des § 802l Abs. 1 ZPO dahingehend, dass Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit und Unvollständigkeit der Vermögensauskunft gegeben sein müssen, um entsprechende Drittauskünfte einzuholen. Dem Gesetzgeber war ausweislich der Gesetzesbegründung bewusst, dass er mit der Regelung des § 802l ZPO in das Recht des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung eingreift. Vor dem Hintergrund bislang fehlender Möglichkeiten zur Überprüfung der Auskünfte des Schuldners auf deren Richtigkeit sieht der Gesetzgeber in der Einführung derartiger Auskunftsrechte indessen ein legitimes Mittel zur Stärkung der Gläubigerrechte, welches vor dem Hintergrund der Möglichkeiten des Schuldners, derartige Auskünfte durch wahrheitsgemäße und vollständige Angaben sowie eine Bereitschaft zur gütlichen Erledigung der Vollstreckungsangelegenheit abzuwehren, auch angemessen sei (BT-Drucks 16/13432, a.a.O., S. 41). Diese Einschätzung ist vom Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt, zumal in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung grundsätzlich durch Gesetz eingegriffen werden darf (BVerfG NJW 2007, 2464) und die Regelung des § 802l ZPO mit der Wertgrenze in Abs. 1 Satz 2 und den Löschungs-, Protokollierungs- und Mitteilungspflichten in den Abs. 2 und 3 verhältnismäßig ausgestaltet ist.

Erkenntnisgewinn liegt auf der Hand

Entgegen der Auffassung der Befürworter einer einschränkenden Auslegung sind Fremdauskünfte im Falle der Abgabe der Vermögensauskunft durch den Schuldner auch durchaus geeignet, neue Erkenntnisse zu vermitteln, nämlich insbesondere die Erkenntnis, ob die Vermögensauskunft des Schuldners tatsächlich richtig und vollständig war. Mit dieser Informat...

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