Die Allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen beachten

Die Zwangsvollstreckung darf nach § 750 Abs. 1 S. 1 ZPO nur beginnen und fortgesetzt werden, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Insoweit bedarf es nach dem Kauf von auf den Forderungsverkäufer oder einen sonstigen Dritten titulierter Forderungen der Umschreibung auf den Neugläubiger, d.h. den Käufer.

Umschreibung nach § 727 ZPO

§ 727 ZPO gibt die Möglichkeit, den Titel auf einen Rechtsnachfolger umzuschreiben. Die Rechtsnachfolge kann dabei grundsätzlich auf vier verschiedenen Wegen nachgewiesen werden:

durch öffentliche Urkunde;
durch öffentlich beglaubigte Urkunde;
durch die Feststellung der Offenkundigkeit;
durch ein nach § 730 ZPO hinzutretendes ausdrückliches Geständnis des Schuldners.

In den ersten beiden Fällen liegt das Problem der Praxis dann darin, dass die Urkunde, soweit sie in Bezug genommen wurde, nach § 750 Abs. 2 ZPO dem Schuldner erneut zugestellt werden muss. Dies ist die geschilderte Ausgangslage, die auf den Fall der einzelnen Abtretung eines titulierten Anspruchs ausgerichtet ist, nicht aber auf den Verkehr mit einer Vielzahl von Forderungen. Sie findet ihren Ursprung darin, dass die Beantragung der Rechtsnachfolgeklausel ausdrücklich auf die Urkunden Bezug nimmt.

1. Klauselerteilung aufgrund offenkundiger Tatsachen

Der Gläubiger wird in der Praxis prüfen müssen, ob die Rechtsnachfolge nicht auf Offenkundigkeit in Form der gerichtsbekannten Generalakte gestützt werden kann. Es entfällt dann nach dem eindeutigen Wortlaut von § 750 Abs. 2 ZPO das Erfordernis der Zustellung von Urkunden.

Generalakte begründet Offenkundigkeit

Die gerichtliche Kenntnis der Urkunde durch die Anlage einer Generalakte stellt die Offenkundigkeit nach § 291 ZPO her (vgl. dazu Thomas/Putzo, ZPO, § 291 Rn 2; Prütting, in: Münchner Kommentar zu ZPO, § 291 Rn 9; Stackmann, NJW 2010, 1409, 1410; a.A. aber Musielak, ZPO, § 291 Rn 2). Dass die Generalakte zur Offenkundigkeit führt, ist zumindest im Verwaltungsprozess auch bereits entschieden (VG München v. 10.4.1997 – M 9 K 95.53107; OVG Rheinland-Pfalz NVwZ-RR 1991, 221). Es ist gerade Zweck der Generalakte – wie sich schon aus dem Begriff ergibt –, die generelle Gerichtskenntnis herzustellen.

 

Hinweis

Offenkundigkeit liegt also nicht erst dann vor, wenn der Schuldner die "offenkundige Tatsache" in einem öffentlichen Register nachvollziehen könnte. Einer solchen Sichtweise stünde der eindeutige Wortlaut von § 291 ZPO entgegen. Danach ist nur erforderlich, dass die Tatsachen beim Gericht offenkundig sind. Es bedarf also keiner Offenkundigkeit für den Schuldner oder gar die Allgemeinheit.

Dem Transparenzgedanken ist genügt

§ 750 Abs. 2 ZPO dient vielmehr dem Ziel, dem Schuldner die Rechtsnachfolge transparent zu machen und ihm einen erleichterten Zugriff auf die zugrunde liegenden Quellen zu verschaffen. Das ist bei einem Geständnis nach § 730 ZPO entbehrlich, weil ihm in der Regel der Umstand zugrunde liegt, dass der alte oder der neue Gläubiger den Nachweis gegenüber dem Schuldner schon geführt haben. Beim Nachweis durch Urkunden ist es dagegen anders. Diese befinden sich im Besitz des Gläubigers und sind für den Schuldner nicht ohne Weiteres greifbar. Anders verhält es sich dagegen bei der Aufnahme in die Generalakten. Hier wird die Transparenz erreicht, indem der Schuldner die Rechtsnachfolge tatsächlich prüfen kann. Das ist gewährleistet, wenn er sich die Kenntnis hiervon verschaffen kann. Das ist durch § 299 ZPO sichergestellt, der dem Schuldner insoweit ein Akteneinsichtsrecht gibt. Für eine gegenteilige Sicht fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.

 

Hinweis

Diese Sichtweise trägt auch Datenschutzbelangen stärker Rechnung. Werden nämlich ganze Forderungspakete verkauft, so werden in den Abtretungen regelmäßig auch alle Schuldner mit allen Identitätsmerkmalen, der Vollstreckungstitel und häufig auch die offene Restforderung genannt. Müssten diese Urkunden dem Schuldner gleichwohl zugestellt werden, wäre dem Grundsatz der Datensparsamkeit nicht hinreichend Rechnung getragen. Eine vollständige oder teilweise Schwärzung ist im Hinblick auf die Prüffähigkeit nicht unproblematisch.

§ 750 Abs. 2 ZPO begründet keine andere Sicht

Eine Schlechterstellung des Schuldners ist damit nicht verbunden. Der Erteilung der Klausel wegen Offenkundigkeit steht § 750 Abs. 2 ZPO nicht entgegen. § 750 Abs. 2 folgt der Nachweismöglichkeit nach § 727 ZPO und gilt insoweit nur für zwei der vier Nachweismöglichkeiten. Demgegenüber begründet er nicht das Erfordernis der Zustellbarkeit des Nachweises. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis des Umstandes, dass § 727 Abs. 1 ZPO i.V.m. mit § 730 ZPO die Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel in vier Fällen vorsieht (s.o.), nur für den Fall des Urkundennachweises ein weitergehendes Zustellungserfordernis normiert. Schon der Wortlaut begründet deshalb, dass § 750 Abs. 2 ZPO ni...

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