Erleichterte Vollstreckung im Ausland und Inland

Die Europäische Union hat am 12.12.2012 die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl L 351 vom 20.12.2012, S. 1; Brüssel-Ia-Verordnung) verabschiedet. Die Verordnung findet ab dem 10.1.2015 in 27 EU-Mitgliedstaaten unmittelbare Anwendung. Dadurch entfällt bei der Vollstreckung eines inländischen Vollstreckungstitels eines Mitgliedsstaates in einem anderen Mitgliedsstaat (Ausland) insbesondere das Vollstreckbarerklärungsverfahren, das bislang der Vollstreckung ausländischer Titel vorgeschaltet ist.

 

Hinweis

Sie ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl L 12 vom 16.1.2001, S. 1; Brüssel-I-Verordnung). Die Neuregelung gilt in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar, bedarf jedoch einiger ergänzender Durchführungsvorschriften. Dabei ist zu beachten, dass die Brüssel-Ia-Verordnung nicht mehr für behördliche Unterhaltstitel ("Jugendamtsurkunden") gilt, deren Vollstreckung sich nach der EU-Unterhaltsverordnung von 2009 richtet (ABl L 7 vom 10.1.2009, S. 1).

Wichtige Regelungen der Verordnung

Die wichtigste Regelung der EU-Verordnung findet sich in Art. 41 Abs. 1. Für das Verfahren zur Vollstreckung der in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen gilt danach das Recht des ersuchten Mitgliedstaats, d.h. des Staates, in dem die Vollstreckung stattfinden soll. Eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung, die im ersuchten Mitgliedstaat vollstreckbar ist, wird dort unter den gleichen Bedingungen vollstreckt wie eine im ersuchten Mitgliedstaat ergangene Entscheidung.

Die Verordnung stellt dann weiter sicher, dass der Schuldner jeweils darüber zu belehren ist, welche Folgen es hat, wenn er zu bestimmten Sachverhalten schweigt oder sich sonst nicht am Verfahren beteiligt. So muss er nach Art. 26 Abs. 2 der EU-VO etwa darüber belehrt werden, welche Folgen die rügelose Einlassung hinsichtlich der Zuständigkeit hat.

 

Hinweis

Wurden die Belehrungen nicht erteilt, darf die Vollstreckungsbescheinigung nicht erteilt werden. Wird sie gleichwohl erteilt, ist sie zwar nicht nichtig, sehr wohl aber anfechtbar.

Erleichterte und ­kostengünstigere Vollstreckung

Die neue Verordnung bietet für den Rechtsdienstleister noch mehr als früher die Möglichkeit, einerseits nationale Vollstreckungstitel bei immer mobileren Schuldnern auch im EU-Ausland durchzusetzen und andererseits ausländische Märkte zu entdecken und dort anzubieten, im EU-Ausland erwirkte Titel gegen (inzwischen) in Deutschland lebende Schuldner durchzusetzen.

 

Hinweis

Dies gilt auch vor dem Hintergrund eines immer mehr wachsenden Internethandels. Kann der Gläubiger seinen Anspruch auch im EU-Ausland erfolgreich durchsetzen, gibt es für ihn auch keine Notwendigkeit, sich im Internethandel auf den nationalen Markt zu beschränken.

Die Vorteile der Verordnung und der Umsetzung liegen darin, dass die EU-ausländischen Vollstreckungsorgane sofort beauftragt werden können und nur noch die Bestätigung übersetzt werden muss und nicht mehr der gesamte Vollstreckungstitel. Letzteres macht die Vollstreckung im EU-Ausland deutlich kostengünstiger.

 

Hinweis

Die zuständige Vollstreckungsbehörde darf vom Antragsteller nach Art. 42 Abs. 4 EU-VO eine Übersetzung der Entscheidung nur verlangen, wenn sie das Verfahren ohne eine solche Übersetzung nicht fortsetzen kann.

Nationale Durchführungsbe­stimmungen verkündet

Auch wenn eine EU-Verordnung stets unmittelbar geltendes Recht in den Mitgliedsstaaten der EU darstellt – lediglich Richtlinien bedürfen noch der Umsetzung –, bedarf es regel­mäßig noch verschiedener Anpassungen im nationalen Recht oder auch bestimmter Durchführungsbestimmungen. Diese sind im "Gesetz zur Durchführung der Verordnung Nr. 1215/2012 sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften" enthalten und wurden im Bundesgesetzblatt am 15.7.2014 verkündet (BGBl I 2014, 890). Das Gesetz tritt am 10.1.2015 in Kraft.

Drei neue Vollstreckungstitel in der ZPO

Nach § 750 ZPO findet die Zwangsvollstreckung aus Urteilen und nach §§ 794, 795 ZPO nach den dort genannten weiteren Vollstreckungstiteln statt. Durch die Aufnahme verschiedener Titel anderer Mitgliedsstaaten in § 794 ZPO wird daraus nun unmittelbar die Vollstreckung in Deutschland möglich. Im Rahmen der Forderungsübergabe muss für den Titel nur die entsprechende ausländische Bestätigung mit übergeben werden. Es handelt sich um eine lediglich klarstellende, für die Praxis aber übersichtliche Ergänzung, weil sich die Vollstreckbarkeit schon unmittelbar aus den Verordnungen ergibt.

 

Im Wortlaut: § 794 Abs. 1 Nr. 7–9 ZPO n.F.

7. aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels...

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