OLG stellt Rechtswidrigkeit fest

Auf gesonderten Antrag des Antragstellers war gemäß § 28 Abs. 1 S. 4 EGGVG festzustellen, dass die von ihm beanstandete Maßnahme rechtswidrig gewesen ist. Der Zustellungsauftrag des Antragstellers vom 13.2.2019 hätte nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden dürfen, dass die Übermittlung der zuzustellenden Urkunde als elektronisches Dokument über das elektronische Gerichtspostfach unzureichend sei.

§ 754a ZPO für Zustellungsaufträge nicht einschlägig

Nach § 29 der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) hat der Gerichtsvollzieher Zustellungsaufträge nach den Vorschriften der ZPO über die Zustellung auszuführen. Daher konnte die Antragsgegnerin sich nicht auf § 754a ZPO berufen, um zu begründen, dass die Zustellung im vorliegenden Fall nicht erfolgen könne. § 754a ZPO zählt nicht zu den Zustellungsvorschriften der ZPO, sondern regelt vielmehr die Frage, unter welchen (eingeschränkten) Voraussetzungen ein Vollstreckungsauftrag elektronisch eingereicht werden kann. Maßgeblich für die Frage der Zustellung ist § 192 ZPO, der die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher auf Betreiben der Parteien regelt. Nach § 192 Abs. 2 ZPO "übergibt" die Partei dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Schriftstück mit den erforderlichen Abschriften. Der Gerichtsvollzieher beglaubigt die Abschriften und führt die Zustellung anschließend durch. Für die Frage, auf welche Weise bzw. in welcher Form das zuzustellende Schriftstück dem Gerichtsvollzieher zur Verfügung zu stellen ist, enthält § 192 ZPO selbst keine konkrete Aussage. Allerdings kann nach § 174 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO ein Schriftstück bestimmten besonders vertrauenswürdigen Empfängern – unter anderem auch Gerichtsvollziehern – grundsätzlich sowohl durch Telekopie (Fax) als auch als elektronisches Dokument zugestellt werden. Das elektronische Dokument wird, sofern die Zustellung an den Gerichtsvollzieher betroffen ist, von § 174 ZPO genauso behandelt wie ein Fax.

§ 174 BGB regelt die Übergabe als elektronisches Dokument

Aus § 174 Abs. 3 ZPO ist zu folgern, dass (jedenfalls) ein Schriftstück, das vom Auftraggeber der Zustellung selbst herrührt, von diesem dem Gerichtsvollzieher auch dadurch im Sinne von § 192 Abs. 2 ZPO übergeben werden kann, dass er es dem Gerichtsvollzieher als elektronisches Dokument zustellt.

Streit um das Erfordernis der Übergabe des Dokumentes

Dabei verkennt der Senat nicht, dass § 174 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO zunächst einmal lediglich die Frage regeln, wie ein Dokument an einen Gerichtsvollzieher zugestellt werden kann, und damit nicht automatisch auch die Frage, wie ein Dokument, das der Gerichtsvollzieher seinerseits an einen Dritten zustellen soll, dem Gerichtsvollzieher zur Verfügung zu stellen ist. Ob Letzteres auch durch eine Telekopie oder ein elektronisches Dokument geschehen kann, wird in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur nicht einheitlich beantwortet.

Während Zöller-Schultzky (32. Aufl. 2018, § 192 Rn 7) meint, das Erfordernis der Übergabe der Urschrift schließe die Übermittlung mittels Telefax aus, wollen andere dies unter Berufung auf § 174 Abs. 2 ZPO ohne Weiteres für zulässig halten (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.8.2003, DGVZ 2004, 125; Thomas-Putzo/Hüßtege § 192 Rn 4).

Der Gerichtsvollzieher darf der Beschleunigung nicht im Weg stehen

Das OLG Düsseldorf hat seine Entscheidung mit der Erwägung begründet, es sei nicht recht einleuchtend, dass der Gerichtsvollzieher eine förmliche Zustellung per Fax erhalten könne, dieser Kommunikationsweg ihm aber für die Weiterleitung eines Schriftstücks, welches er selbst zustellen solle, nicht zur Verfügung gestellt werde. Auch müsse der Gerichtsvollzieher im Hinblick auf die novellierten Vorschriften der ZPO nicht mehr überprüfen, ob die von ihm beglaubigte Kopie der Urkunde, die er dem Empfänger zu übermitteln habe, tatsächlich mit der Urschrift übereinstimme. Dies ergebe sich aus einem Rückschluss aus § 174 Abs. 2 ZPO; wenn sich der Reformgesetzgeber bei der Zustellung an bestimmte privilegierte Empfänger mit einer eingeschränkten Identitätsprüfung begnüge, müsse es möglich sein, auch die bloße Übermittlung eines Schriftstücks an den Gerichtsvollzieher zwecks Ausführung der Zustellung per Fax vorzunehmen. Sonst würde die mit der Zulassung des Telefax-Verkehrs bei der Zustellung bezweckte Beschleunigung teilweise wieder vereitelt.

OLG Köln folgt dem OLG Düsseldorf

Der Senat schließt sich diesen Überlegungen, die er im Hinblick auf § 174 Abs. 2 und 3 ZPO auf elektronisch zugestellte Dokumente unmittelbar für übertragbar hält, jedenfalls im Hinblick auf Fälle der vorliegenden Art an, in denen der Auftraggeber der Zustellung das zuzustellende Dokument selbst erzeugt hat. Speziell in dieser Fallkonstellation erschließt es sich nicht, warum dem Gerichtsvollzieher ein Original der Erklärung mit handschriftlicher Unterschrift hätte per Post überlassen werden müssen. Hinsichtlich der Identität des Verfassers der (Abmahnungs-)Erklärung bietet die elektronische Zustellung...

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